Leitsatz
1. Dem Arbeitnehmer von einem Dritten gezahlte Bestechungsgelder sind sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG.
2. Die Herausgabe der Bestechungsgelder an den geschädigten Arbeitgeber führt im Abflusszeitpunkt zu Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG.
3. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ist verfassungsgemäß.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 2, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3 EStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Der Kläger durfte für seinen Arbeitgeber Aufträge erteilen. Für die Bevorzugung eines bestimmten Anbieters vereinnahmte er über mehrere Jahre Bestechungsgelder in Millionenhöhe. Nach seiner fristlosen Kündigung leistete er an den Arbeitgeber eine Zahlung zur Wiedergutmachung in Höhe von 1,2 Mio. EUR und verzichtete auf sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Der Kläger begehrte, die Zahlung an den Arbeitgeber und die Forderungsverzichte als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit zu berücksichtigen. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.6.2014, 5 K 3082/12, Haufe-Index 7222701, EFG 2014, 1856).
Entscheidung
Der BFH hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Vom Arbeitnehmer (ohne Kenntnis des Arbeitgebers) vereinnahmte Bestechungsgelder (hier: für die Vergabe von Aufträgen im Namen und für Rechnung des Arbeitgebers) führen beim Arbeitnehmer zu Einnahmen aus sonstigen Leistungen i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG. Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung. Es handelt sich insbesondere nicht um von Dritten gezahlten Arbeitslohn. Die Bestechungsgelder fließen dem Arbeitnehmer zwar im Rahmen seiner beruflichen Betätigung zu, sie sind jedoch nicht das Entgelt "für" seine Arbeitsleistung, sondern die Gegenleistung für eine nur bei Gelegenheit der beruflichen Betätigung begangene Straftat.
2. Zivilrechtlich entsteht in einem solchen Fall durch die Annahme von Bestechungsgeldern ein Herausgabeanspruch des Arbeitgebers (vgl. die Nachweise in der Besprechungsentscheidung). Soweit der Steuerpflichtige diesen Anspruch erfüllt und einen entsprechenden Betrag an seinen Arbeitgeber zahlt, führt dies steuerlich bei ihm zu Werbungskosten bei den Einkünften aus sonstigen Leistungen. Der Aufwand ist durch die Erzielung der Einnahmen aus sonstigen Leistungen veranlasst. Ohne die vom Arbeitnehmer begangene Straftat wäre der Anspruch nicht entstanden. Hatte der Arbeitgeber keine Kenntnis von den Straftaten und lagen diese auch nicht in seinem Interesse, können die Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit abgezogen werden, weil sie nicht durch diese veranlasst sind.
3. Der Verzicht auf eine bestrittene und noch nicht realisierte Forderung (hier: betriebliche Altersversorgung und vereinbarte Abfindung) führt bei den Einkünften aus sonstigen Leistungen schon deshalb nicht zu Werbungskosten, weil es insofern an einem Mittelabfluss fehlt (§ 11 Abs. 2 EStG).
4. Übersteigen in einem VZ die Werbungskosten die Einnahmen aus § 22 Nr. 3 EStG, entsteht ein nicht verrechenbarer Verlust (§ 22 Nr. 3 Satz 3 EStG).
a) Negative Einnahmen, auf die das Verlustausgleichsverbot keine Anwendung finden würde, setzen voraus, dass die Einnahmen an den Leistenden zurückerstattet werden. Das war vorliegend nicht der Fall, denn der Kläger hatte die Bestechungsgelder nicht an die Leistenden erstattet, sondern an seinen Arbeitgeber gezahlt.
b) Die Verlustausgleichsbeschränkung in § 22 Nr. 3 Sätze 3 und 4 EStG ist auch nicht verfassungswidrig, denn sie schließt den Verlustabzug nicht vollständig und endgültig aus, sondern bewirkt nur, dass er in die (allerdings ungewisse) Zukunft verlagert wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.6.2015 – IX R 26/14