Leitsatz
1. An die zugelassene vereinfachte Einreihung nach den Regeln des Art. 81 ZK ist der Zollschuldner gebunden, wenn er es unterlassen hat, die Ungültigerklärung der Zollanmeldungen gem. Art. 66 ZK i.V.m. Art. 251 ZKDVO zu beantragen und neue Zollanmeldungen abzugeben.
2. Die Vereinfachungsvorschrift des Art. 81 ZK betrifft die Einfuhrabgaben nach Art. 4 Nr. 10 1. Anstrich ZK "Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren". Darunter fällt auch der Zusatzzoll aus der VO Nr. 673/2005.
3. Als "Leggings" bezeichnete Beinkleider aus synthetischen Chemiefasern, die die Beine und den Unterkörper bekleiden, sind Hosen der Unterpos. 6104 63 00 KN. Sie sind nicht als "Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon" der Pos. 6406 KN gem. Anmerkung 1 Buchst. n zu Abschnitt XI aus diesem Abschnitt ausgewiesen.
Normenkette
Art. 4 Nr. 10, Art. 20 Abs. 3 Buchst. g, Art. 81 ZK, Pos. 6104, Pos. 6115, Pos. 6406 KN, Nr. 673/2005 VO (EG), Nr. 317/2009 VO (EG)
Sachverhalt
Auf Antrag eines Unternehmens waren mehrere Warensendungen aus den USA in den freien Verkehr überführt und dabei die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 ZK begehrt worden; die Anmeldung lautete auf T‐Shirts (Unterpos. 6109 10 10 KN). Die Zollstelle nahm die Anträge an und fertigte die Waren antragsgemäß ab. Eine Zollprüfung des Prüfungsdienstes des HZA ergab jedoch, dass die Sendungen hosenähnliche Bekleidungsstücke für Erwachsene aus synthetischen Chemiefasern enthielten, mit knöchellangen Beinen ohne Fußteile, einem die Taille abschließenden elastischen Bund, jedoch weder eine Öffnung noch einen Verschluss.
Der Prüfungsdienst reihte die Waren in die Unterpos. 6104 63 00 KN ein und stellte fest, dass sich daraus neben dem Zollsatz von 12 % ein Zusatzzoll von weiteren 15 % ergebe. Das HZA erhob deshalb Zusatzzoll und Zoll nach.
Entscheidung
Der BFH hat das klageabweisende Urteil des FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 20.3.2013, 4 K 4341/12 Z, Haufe-Index 3740455) uneingeschränkt bestätigt.
Hinweis
1.Wenn eine vereinfachte Einfuhrabgabenerhebung gem. Art. 81 ZK beantragt und die in der Einfuhrsendung enthaltenen Ware einheitlich angemeldet worden ist, muss sich der Einführer daran festhalten lassen und schuldet den höchsten Abgabensatz der betreffenden Position. Die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der Zollanmeldungen gem. Art. 66 Abs. 2 ZK i.V.m. Art. 251 ZKDVO lagen im Besprechungsfall schon hinsichtlich der Antragsfristen nicht vor.
2.Nach Art. 81 ZK wird dann ggf. auch ein Zusatzzoll geschuldet. Ist das vereinfachte Einreihungsverfahren gem. Art. 81 ZK beantragt und bewilligt, tritt die gesetzliche Folge ein, dass der für bestimmte in der Sendung enthaltene Waren vorgesehene höchste Einfuhrabgabensatz – und damit ebenso der für solche Waren zu erhebende Strafzoll – auch auf Waren anzuwenden ist, für die an sich kein Strafzoll, sondern ein geringerer Abgabensatz gilt.
3. Von der Pos. 6406 KN sind in der deutschen Sprachfassung erfasst "Gamaschen und ähnliche Waren". Leggings sind nicht benannt. Zwar taucht dieser Begriff in den ErlHS zu Pos. 6406 unter "II) Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon" in Rz. 8.14.0 als Synonym für Beinlinge ("Leggings") auf, die den sog. Beinschützern ähnlichen Waren – wie Wadengamaschen (einschließlich Wickelgamaschen), Stutzen, Trachtenstrümpfe usw., ohne Fußteil und mit oder ohne Steg – zugeordnet werden. Leggings sind aber keine diesen Kleidungsstücken ähnlichen Waren.
Es handelt sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN. Strumpfhosen sind eng an Fuß, Bein und Unterleib anliegende, gewirkte oder gestrickte Hosen (besonders für Frauen und Kinder), die wie ein Strumpf angezogen werden. Es sind typischerweise – wie Strümpfe – rundgewebte Unterleibsbekleidungen mit einer Passform, die eng der Körperform anliegt. Die Leggings haben hingegen schon keinen den Fuß umhüllenden Teil.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 15.1.2014 – VII R 22/13