Leitsatz
Betreibt ein Steuerpflichtiger, der mit einem Gewerbe in der Handwerksrolle eingetragen ist (hier als Vulkaniseur), daneben einen Verkauf mit selbstständigen handwerklichen Nebenleistungen (hier: Reifenhandel mit Montieren und Auswuchten der Reifen und Räder), so können die im handwerklichen Bereich eingesetzten Wirtschaftgüter erhöht zulagenbegünstigt sein.
Normenkette
InvZulG 1993 § 3 Satz 2 , § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren einen Reifenhandel und die Reparatur von Reifen. Sie war mit dem Vulkaniseur-Handwerk in die Hand-werksrolle eingetragen.
Das Finanzamt gewährte die erhöhte Investitionszulage nur für die Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Vulkaniseur-Handwerk zugeordnet werden konnten. Die Montage von Reifen beurteilte es als handelsübliche Nebenleistung des Reifenhandels und gewährte keine erhöhte Investitionszulage für die hierfür angeschafften Wirtschaftsgüter.
Das Finanzgericht war der Auffassung, die erhöhte Investitionszulage sei für alle angeschafften Wirtschaftsgüter allein deshalb zu gewähren, weil die Klägerin in die Handwerksrolle eingetragen sei. Die Revision des Finanzamts war erfolgreich.
Entscheidung
Nach Meinung des BFH reicht allein der Umstand der Eintragung der Klägerin mit ihrem Betrieb in die Handwerksrolle nicht aus, alle Wirtschaftsgüter dem handwerklichen Bereich zuzuordnen. Soweit die Klägerin einen Reifenhandel betreibe, liege eine von der erhöhten Investitionszulage ausgeschlossene reine Handelstätigkeit i.S.v. § 3 Satz 2 InvZulG 93 vor. Soweit die Klägerin daneben Reparaturen an Reifen ausführe, handle es sich um eine handwerkliche Betätigung. Diesem handwerklichen Bereich sei auch das Montieren von Reifen zuzurechnen.
Hinweis
Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen sind, können nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 1993 für Investitionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine erhöhte Investitionszulage beanspruchen. Nicht begünstigt ist allerdings die reine Handelstätigkeit (§ 3 Satz 2 InvZulG 93).
Fraglich ist, für welche Wirtschaftsgüter ein sog. Mischbetrieb, der sowohl handwerkliche Tätigkeiten ausübt als auch einen Handel betreibt, die erhöhte Investitionszulage verlangen kann. Nach Auffassung des BGH kommt in diesen Fällen eine erhöhte Förderung für solche Wirtschaftgüter in Betracht, die überwiegend (90 % und mehr) dem eingetragenen Handwerk dienen.
Ob eine Tätigkeit als handwerkliche Betätigung einzuordnen ist, kann anhand des Berufsbilds und den Prüfungsanforderungen im praktischen und fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das jeweilige Handwerk ermittelt werden. Der BFH ist zum Ergebnis gelangt, dass die Montage und das Auswuchten von Reifen dem Vulkaniseur-Handwerk zuzuordnen sei, weil diese Tätigkeiten als Arbeitsproben bei der Meisterprüfung in diesem Handwerk ausgeführt werden müssten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.9.2000, III R 57/97