Leitsatz
1. Die Erhöhung des KSt-Guthabens auf der Grundlage der Neufassung der § 36, § 37 Abs. 1 KStG durch das JStG 2010 ist rechtlich nicht möglich, wenn der Bescheid über die Feststellung der Endbestände bereits vor Inkrafttreten des JStG 2010 in Bestandskraft erwachsen war.
2. Eine die Anwendung der Neufassung versperrende Bestandskraft der Feststellung der Endbestände ist auch dann gegeben, wenn der Feststellungsbescheid gem. § 36 Abs. 7 KStG keine ausdrückliche Feststellung des Endbestands des EK 45 mit 0 € enthielt.
Normenkette
§ 36 Abs. 3 und Abs. 7, § 37 Abs. 1 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG, § 34 Abs. 13f und 13g KStG 2002 i.d.F. des JStG 2010
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine e.G. und Rechtsnachfolgerin einer anderen Körperschaft. Das FA erließ in den Jahren 2006 bis 2008 betreffend die Rechtsvorgängerin Bescheide über die gesonderte Feststellung der Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG. Hierbei hatte das FA nach Maßgabe des § 36 Abs. 3 KStG 1999 insbesondere die jeweils mit 45 % an KSt belasteten Teilbeträge des vEK (EK 45) durch Erhöhung der mit 40 % an KSt belasteten Teilbeträge des vEK (EK 40) bei gleichzeitiger Minderung der nicht mit KSt belasteten Teilbeträge des vEK (EK 02) umgegliedert. Sämtliche Feststellungsbescheide wurden nicht angefochten.
Auf der Grundlage der Entscheidung des BVerfG vom 17.11.2009, 1 BvR 2192/05 (BFH/NV 2010, 803, BFH/PR 2010, 172), mit der die Umgliederung des EK 45 gem. § 36 Abs. 3 und 4 KStG 1999 für verfassungswidrig erklärt worden war, beantragte die Klägerin die erstmalige gesonderte Feststellung des Endbestands des EK 45, ggf. durch Erlass von Ergänzungsbescheiden gem. § 179 Abs. 3 AO. Weder das FA noch das daraufhin angerufene FG sahen die Änderungsbegehren als begründet an. Das FG ging in den jeweiligen Urteilen insbesondere davon aus, dass die Feststellungsbescheide nicht lückenhaft seien und daher der Erlass von Ergänzungsbescheiden nicht in Betracht komme. Die parallel geführten Klageverfahren sind noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
Das FA erließ außerdem auf die Stichtage 31.12.2002 bis 31.12.2005 Bescheide über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 4, § 38 Abs. 1 KStG 1999, mit denen u.a. das verbleibende KSt-Guthaben festgestellt wurde. Auf den Stichtag 31.12.2006 wurde letzteres nicht festgestellt, sondern lediglich ermittelt.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des KSt-Guthabens wurde dieser Anspruch am 10.10.2008 gem. § 37 Abs. 5 KStG 2002 i.d.F. des SEStEG vom 7.12.2006 (BGBl I 2006, 2782, BStBl I 2007, 4) festgesetzt.
Am 28.12.2010 stellte die Klägerin den Antrag, den Auszahlungsbescheid zu ändern und das Guthaben zu erhöhen. Zur Begründung führte sie den Beschluss des BVerfG vom 17.11.2009, 1 BvR 2192/05 (BFH/NV 2010, 803, BFH/PR 2010, 172) und die daraufhin ergangene gesetzliche Neuregelung (§ 36, § 37 Abs. 1 KStG 2002 n.F.) an. Das FA lehnte den Änderungsantrag ab und wies den anschließend eingelegten Einspruch zurück.
Auch die anschließende Klage blieb erfolglos. Das FG ging davon aus, dass der Endbestände-Feststellungsbescheid und die ergangenen Feststellungsbescheide gem. § 37 Abs. 2 Satz 4 KStG 1999 eine ununterbrochene Kette bilden, die für die Ermittlung des KSt-Guthabens zum 31.12.2006 und die Festsetzung des Auszahlungsanspruchs gem. § 37 Abs. 5 KStG 2002 i.d.F. des SEStEG bindend sind (Niedersächsisches FG, Urteil vom 27.6.2013, 6 K 139/12).
Entscheidung
Der BFH hat das FG bestätigt. Es sei bereits der schlichte Umstand, dass die vorangegangenen Feststellungsbescheide des vEK bestandskräftig seien, der der erstrebten "Günstiger-Festsetzung" des KSt-Guthabens entgegenstünde. Die Klägerin könne von der Neuregelung nicht profitieren. Es stehe im Einklang mit den vom BVerfG gemachten Vorgaben, in der eingetretenen Bestandskraft die maßgebende Zäsur zu sehen. Ob – wie das FG angenommen habe – der Endbestände-Feststellungsbescheid und die ergangenen Feststellungsbescheide gem. § 37 Abs. 2 Satz 4 KStG 1999 eine "ununterbrochene Kette" bildeten, könne angesichts dessen dahinstehen.
Hinweis
Es geht darum, ob für die Ermittlung des KSt-Guthabens die § 36, § 37 Abs. 1 KStG 2002 in der Fassung vor oder nach den Änderungen durch das JStG 2010 anzuwenden sind. Letzteres – die Anwendung der Neuregelung – wird regelmäßig zu einer Erhöhung des bisher festgesetzten Guthabens führen.
1. Nach § 37 Abs. 5 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des SEStEG hat die Körperschaft innerhalb eines Auszahlungszeitraums von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung des KSt-Guthabens in zehn gleichen Jahresbeträgen. Nach § 37 Abs. 5 Satz 3 KStG 2002 i.d.F. des SEStEG wird der Anspruch für den gesamten Auszahlungszeitraum festgesetzt.
Gem. § 37 Abs. 1 Satz 2 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) beträgt das KSt-Guthaben 1/6 des Endbestands des mit einer KSt von 40 % belasteten Teilbetrag...