2.1 Antrag
Ein Billigkeitserlass setzt zwar keinen Antrag voraus, die Finanzbehörden werden aber grundsätzlich nur auf Antrag des Steuerpflichtigen einen Billigkeitserlass prüfen. Auch ist eine Form nicht vorgeschrieben. Ein schriftlicher Antrag ist aber zweckmäßig, insbesondere wenn er im Rahmen der Mitwirkungspflichten zu begründen ist.
2.2 Zuständigkeit
Zuständig für den Erlass sind die für die Festsetzung der Steuer usw. zuständigen Behörden, also die Finanzämter. Dort ist der Antrag einzureichen. Die Finanzämter können ohne Zustimmung höherer Behörden bis zu 20.000 EUR erlassen. Wird diese Grenze überschritten, bedarf es – je nach Höhe – der internen Zustimmung der Oberfinanzdirektion bzw. des Landesfinanzministeriums oder sogar des Bundesfinanzministeriums. Für den Erlass von Säumniszuschlägen sind die Finanzämter unbegrenzt zuständig.
Beim Erlass von Kirchensteuer kommt es für die Zuständigkeit auf die Regelung in den einzelnen Bundesländern an. In Baden-Württemberg z. B. erstreckt sich der Erlass von Einkommensteuer in dem entsprechenden Umfang auch auf die Kirchensteuer. Wird Erlass von Kirchensteuer darüber hinaus begehrt, ist der Antrag an die betreffende Religionsgemeinschaft zu stellen.
2.3 Entscheidung über den Antrag
Auch hier ist Schriftform nicht vorgeschrieben, in der Praxis aber üblich. Das Finanzamt wird also den Erlass durch einen schriftlichen Bescheid aussprechen oder ablehnen. Auch ein Teilerlass ist möglich, also teilweise Stattgabe und teilweise Ablehnung eines Erlassantrags. Die Finanzämter sind in solchen Fällen angewiesen, den Erlass grundsätzlich erst nach Tilgung des verbleibenden Betrags auszusprechen und dem Steuerpflichtigen für den teilweisen Erlass unter der Voraussetzung der Tilgung des verbleibenden Betrags eine Zusage zu erteilen. Ein Erlass kann nicht mit einer Bedingung oder einem Widerrufsvorbehalt i. S. d. § 120 AO versehen werden.
Bei (teilweiser) Ablehnung muss der Bescheid nach § 121 AO eine Begründung enthalten. Die Finanzbehörde muss insbesondere im Einzelnen darlegen, welche Umstände und Ermessenserwägungen sie zur Ablehnung veranlasst haben. Allgemeine Floskeln reichen nicht aus. Fehler in der Begründung können noch in der Einspruchsentscheidung geheilt werden, nicht aber im Klageverfahren.
2.4 Rücknahme und Widerruf
Der Bescheid, der einen Billigkeitserlass ausspricht, ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Ist er rechtswidrig, insbesondere weil die Voraussetzungen für den Billigkeitserlass nicht vorliegen, kann er zurückgenommen werden. Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige den Erlass mit unrichtigen Angaben zu seiner Erlassbedürftigkeit erwirkt hat. Da die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts auch mit Rückwirkung möglich ist, lebt mit der Rücknahme des Billigkeitserlasses die erloschene Schuld wieder auf.
Der Widerruf eines rechtmäßigen Billigkeitserlasses ist nicht möglich. Ein Widerruf ist nur für die Zukunft zulässig, sodass die erloschene Schuld nicht wieder aufleben kann.