Leitsatz
1. Ein Abhilfebescheid i.S.d. § 367 Abs. 2 AO liegt auch vor, soweit sich der Bescheid teilweise als dem Einspruchsführer nachteilig erweist, er dieser Änderung aber nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Halbsatz 1 AO zugestimmt hat.
2. Erklärt sich der steuerliche Berater mit der vom Außenprüfer in der Schlussbesprechung vorgeschlagenen Behandlung bestimmter Einkünfte einverstanden, kann darin nach den Umständen des Einzelfalls eine Zustimmung im o.g. Sinn zu einer Änderung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen liegen, auch wenn die Erklärung lediglich in Anwesenheit von Angehörigen der Betriebsprüfungsstelle abgegeben wird.
Normenkette
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO , § 367 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Eine GbR hatte eine Gewinnfeststellungserklärung abgegeben und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erklärt. Das FA war der Auffassung, es liege keine Mitunternehmerschaft vor, und erließ einen negativen Gewinnfeststellungsbescheid. Dagegen erhoben die Gesellschafter Einspruch. Während des Einspruchsverfahrens fand eine Außenprüfung statt, aufgrund deren der Prüfer zu dem Ergebnis kam, es liege doch eine Mitunternehmerschaft vor. Allerdings ergaben sich wegen der Einbeziehung von Sondervergütungen höhere Einkünfte. Im Prüfungsbericht hielt der Prüfer fest, diese Behandlung werde auch vom Steuerpflichtigen und seinem Berater mitgetragen und könne für die Vorjahre entsprechend angewendet werden.
Das FA schloss sich den Prüfungsfeststellungen an und erließ für das Streitjahr zur Erledigung des Einspruchsverfahrens einen auf § 172 Abs. 1 Satz 1 AO gestützten geänderten Gewinnfeststellungsbescheid. Dagegen erhoben die Gesellschafter Einspruch und später auch Klage, weil sie in dem Bescheid eine unzulässige Verböserung sahen.
Das FG gab der Klage statt und verpflichtete das FA zum Erlass einer Einspruchsentscheidung. Eine Zustimmung zum Erlass des Änderungsbescheids sei nicht erteilt worden. Sie ergebe sich insbesondere nicht aus dem Einvernehmen über die Prüfungsfeststellungen, weil mangels Anwesenheit eines Veranlagungs-Sachgebietsleiters eine bindende Vereinbarung nicht habe getroffen werden können.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des FA statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Auch ein verbösernder Bescheid könne ein Abhilfebescheid sein, wenn der Einspruchsführer der Änderung zugestimmt habe. Ob hier im Rahmen der Schlussbesprechung eine solche Zustimmung erteilt worden sei, müsse das FG noch feststellen.
Hinweis
1. Ein Steuerbescheid kann nach Eintritt der Bestandskraft zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert werden, wenn dieser der Änderung zustimmt. Vernünftigerweise wird der Steuerpflichtige diese Zustimmung nur erteilen, wenn sich in anderem Zusammenhang günstige Auswirkungen aus einer höheren Steuerfestsetzung ergeben. Im Einspruchsverfahren bedarf es der Zustimmung zur Verböserung grundsätzlich nicht, weil der Einspruchsführer die Verböserung dadurch verhindern kann, dass er den Einspruch zurücknimmt. Eine Ausnahme davon gilt nur dann, wenn der Bescheid noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht und deshalb nach § 164 Abs. 2 AO ohnehin zu Lasten des Steuerpflichtigen geändert werden kann.
Nimmt der Einspruchsführer trotz Androhung der Verböserung den Einspruch nicht zurück und besteht keine Änderungsmöglichkeit nach § 164 Abs. 2 AO, kann das FA im Rahmen der Einspruchsentscheidung eine höhere Steuerfestsetzung vornehmen. Ein Abhilfebescheid kann nicht erlassen werden. Diese Möglichkeit besteht aber dann, wenn der Einspruchsführer der Verböserung zugestimmt hat, weil er sich davon einen Vorteil verspricht. Dann schließt der Abhilfebescheid das Einspruchsverfahren ab. Auf den Erlass einer Einspruchsentscheidung besteht kein Anspruch mehr. Ein erneuter Einspruch gegen den Abhilfebescheid wäre unzulässig.
2. Die Zustimmung zur Verböserung ist eine gegenüber dem FA abzugebende Willenserklärung, die keiner besonderen Form bedarf. Sie kann auch in der Schlussbesprechung einer Außenprüfung abgegeben werden.
Beachten Sie, dass die Formalien für eine sog. tatsächliche Verständigung nicht eingehalten werden müssen. Von einer solchen tatsächlichen Verständigung gehen Rechtsprechung und Praxis dann aus, wenn Steuerpflichtiger und Veranlagungs-FA darin übereinstimmen, welcher Sachverhalt sich tatsächlich ereignet hat und demzufolge der Besteuerung unterliegt. An diese ausdrücklich erklärte Übereinstimmung sollen dann beide Seiten gebunden sein. Deshalb müssen an der Verständigung Personen mitwirken, die bindende Erklärungen für den Steuerpflichtigen bzw. das Veranlagungs-FA abgeben können. Mindestens muss für das FA ein Sachgebietsleiter der Veranlagungsstelle handeln.
Anders ist die Zustimmung zu einer Verböserung zu beurteilen. Sie ist eine einseitige Willenserklärung des Steuerpflichtigen, die dem Veranlagungs-FA unmittelbar oder mittelbar über einen Empfangsboten zugehen kann. Als Empfangsbote kommt auch jeder Bedienstete der Betriebsprüfung in Betracht. Wird die Zustimmung im Rahmen einer S...