Dipl.-Finw. (FH) Walter Niermann
Zusammenfassung
Abfindungen sind Entschädigungen, die der Arbeitnehmer als Ausgleich für die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses verbundenen Nachteile, insbesondere den Verlust des Arbeitsplatzes, erhält. Zu den Abfindungen in diesem Sinne zählt, was für die Zeit nach der bürgerlich-rechtlichen (arbeitsrechtlichen) Beendigung des Dienstverhältnisses gezahlt wird.
Abfindung ist somit jede Zahlung, auf die der Arbeitnehmer aus dem aufgelösten Dienstverhältnis keinen arbeitsrechtlichen Anspruch mehr hat. Es wird nicht geprüft, ob die Abfindung einen konkreten materiellen oder immateriellen Nachteil ausgleicht.
Die Abfindungszahlungen sind in vollem Umfang steuerpflichtiger Arbeitslohn.
Steuerpflichtige Abfindungen werden als Entschädigung (außerordentliche Einkünfte) ggf. ermäßigt besteuert.
Sozialversicherungsrechtlich stellen Entlassungsabfindungen, die für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten gezahlt werden, kein Arbeitsentgelt i. S. d. Sozialversicherung dar.
1 Ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG
Bei Abfindungen kommt unter den im Folgenden genannten Voraussetzungen eine tarifermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlungen als außerordentliche Einkünfte (Entschädigung) in Betracht.
Die Tarifermäßigung wird in Form einer Progressionsabschwächung im Wege der sog. Fünftelregelung gewährt. Voraussetzung der tarifbegünstigten Besteuerung ist eine Zusammenballung von Einkünften im Veranlagungszeitraum des Zuflusses.
Bis einschließlich 2024 kann die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG bereits bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt werden. Ab 2025 wird die Tarifermäßigung erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung gewährt. Die bisherigen Regelungen in § 39b Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG wurden ab 2025 ersatzlos aufgehoben. Hierdurch werden die Arbeitgeber von einem erheblichen Prüfungs- und Berechnungsaufwand entlastet. Denn insbesondere die Frage der Zusammenballung von Einkünften ist unterjährig oft nur schwer zu beurteilen.
1.1 Voraussetzungen
1.1.1 Charakter einer Entschädigung
Für die Gewährung der Tarifermäßigung muss es sich um Entschädigungen handeln. In Betracht kommen bei Arbeitnehmern Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen bzw. für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt werden.
Auf eine tarifermäßigte Besteuerung besteht kein genereller Rechtsanspruch.
1.1.2 Eintritt eines Schadens
Der Begriff Entschädigung setzt den Eintritt eines Schadens voraus. Nach der Rechtsprechung kann eine Entschädigung für unmittelbar entgangene oder entgehende konkrete Einnahmen auch dann angenommen werden, wenn der Steuerpflichtige bei dem zum Einnahmenausfall führenden Ereignis selbst mitgewirkt hat. Der Steuerpflichtige muss jedoch bei Aufgabe seiner Rechte unter einem erheblichen Druck gestanden haben und darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben. Durch das Schadensereignis muss die Rechtsgrundlage für Einnahmen entfallen sein, mit denen der Steuerpflichtige rechnen konnte. Wird Ersatz für zurückzuzahlende Einnahmen oder zum Ausgleich von Ausgaben geleistet, liegt keine Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1a EStG vor.
Eine Entschädigungszahlung i. S. v. § 24 Nr. 1a EStG muss auf einem besonderen Ereignis beruhen. Dieses ist anzunehmen, wenn die Beendigung oder Änderung eines Arbeitsvertrags vom Arbeitgeber ausgeht oder wenn der Arbeitnehmer beim Abschluss einer Aufhebungs- oder Änderungsvereinbarung unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck oder zumindest in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten gehandelt hat. Zahlt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Zuge der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, sind Feststellungen zu der Frage, ob der Arbeitnehmer dabei unter tatsächlichem Druck stand, regelmäßig entbehrlich.
Hat der Arbeitnehmer Interesse an einer Weiterführung der ursprünglichen Vereinbarung auf eine Arbeitnehmer-Erfindervergütung und gibt im Konflikt mit seinem Arbeitgeber nach und nimmt dessen Abfindungsangebot an, liegt eine tarifermäßigt zu besteuernde Entschädigung vor.
Eine begünstigt zu besteuernde Entschädigung i. S. v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Abfindung zahlt, weil dieser seine Wochenarbeitszeit aufgrund eines geänderten Arbeitsvertrags unbefristet reduziert. Dem folgt die Finanzverwaltung.
Was in Erfüllung eines fortbestehenden Anspruchs geleistet wird, ist keine Entschädigung i. S. v. § 24 Nr. 1a EStG. Eine solche liegt nur vor, wenn eine neue Rechts- oder Billigkeitsgrundlage dafür besteht, dass etwas "...