Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Bei der steuerbaren Vermietung von Grundstücken oder Grundstücksteilen (auch von Gebäuden und Gebäudeteilen) ergibt sich grundsätzlich nach § 4 Nr. 12 UStG eine Steuerbefreiung. Von dieser Steuerbefreiung sind die folgenden Umsätze erfasst:
- Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
- die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung aufgrund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
- die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Von diesen Steuerbefreiungen sind nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG aber die folgenden Vermietungsleistungen ausgeschlossen:
- Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält,
- Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen,
- kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und
- Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen (Maschinen und sonstige Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören), dies gilt aber nicht, soweit die Vermietung der Betriebsvorrichtung nur als Nebenleistung zur Hauptleistung Grundstücksvermietung anzusehen ist.
Hinweis
Werden von einem Vermieter Wohn- oder Schlafräume nur kurzfristig für Beherbergungszwecke vermietet, erfolgt diese Vermietung grundsätzlich steuerpflichtig. Eine kurzfristige Vermietung liegt vor, wenn eine Vermietung nicht länger als 6 Monate dauern soll. Entscheidend ist dabei nicht die tatsächliche Dauer der Vermietung, sondern die Absicht des Vermieters, die Räume nicht auf Dauer und damit nicht für einen dauernden Aufenthalt zur Verfügung zu stellen.
Die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält und die damit zu einer steuerpflichtigen Leistung führt, unterliegt aber dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG.
Offensichtlich ging die Finanzverwaltung bisher davon aus, dass die Steuersatzermäßigung sich nur auf Grundstücke bzw. ortsgebundene Gebäudeteile beziehen könnte. Strittig war in einem Fall, ob auch die kurzfristige Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG unterliegen kann. Der BFH hat dazu festgestellt, dass nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden begünstigt ist, sondern allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer. Damit können auch nicht ortsfeste Einrichtungen zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen.
Die Finanzverwaltung ergänzt jetzt den UStAE und stellt klar, dass maßgeblich für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes neben der Kurzfristigkeit der Vermietung ist, dass der Schwerpunkt der Leistung in der Überlassung der Wohn- oder Schlafräume zur Beherbergung liegt. Der Schwerpunkt der Leistung liegt nicht in der Überlassung der Wohn- oder Schlafräume zur Beherbergung, wenn aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers der Charakter der Leistung nicht durch die Überlassung von Räumen zu Wohn- oder Schlafzwecken, sondern durch andere Aspekte geprägt wird. So ist z. B. die Vermietung von nicht ortsfesten Hausbooten oder Wohnmobilen zur Durchführung von Reisen insgesamt nicht begünstigt, da dabei nicht der Beherbergungsgedanke im Vordergrund steht, sondern andere Aspekte, wie die gegebene Mobilität und örtliche Flexibilität für die Gesamtleistung charakterbestimmend sind.
Konsequenzen für die Praxis
Die Finanzverwaltung hat auf die Entscheidung des BFH recht schnell reagiert und die Entscheidung mit in den UStAE aufgenommen. Gleichzeitig wird – im Ergebnis bei wirtschaftlicher Betrachtung wohl zutreffend – eine Abgrenzung zur Vermietung von Wohnmobilien und ähnlichen Fahrzeugen vorgenommen.
Die Regelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
Hinweis
Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs des Leistungsempfängers –, wenn der Unternehmer für Leistungen, die bis zum 31.12.2023 ausgeführt werden, den Regelsteuersatz anwendet.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 6.10.2023, III C 2 – S 7245/19/10001 :004, BStBl 2023 I S. 1704.