Leitsatz
Die Verabreichung eines Starksolebades (Floating) ist keine Verabreichung eines Heilbades, wenn diese nicht für therapeutische Zwecke erfolgt.
Normenkette
§ 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG, Art. 98 Abs. 2 Satz 1, Art. 98 Abs. 3 Anhang III MwStSystRL
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, betrieb ein Floating-Center, indem sie sie ihren Kunden sog. Starksolebäder (Floating-Becken und ‐Tanks) entgeltlich zur Nutzung überließ. Die Tanks hatten eine Größe von 2,30 m × 1,40 m × 1,40 m, die Becken von 2,50 m × 1,80 m × 2,30 m. Die Becken und Tanks waren mit einer konzentrierten Salzwasserlösung auf Körpertemperatur gefüllt. Der hohe Salzgehalt des Wassers führt zum Auftrieb und dadurch zur Körperentspannung. Floating kann Wellnesszwecken oder therapeutischen Zwecken dienen. Die Klägerin wendete auf ihre Umsätze den ermäßigten Steuersatz an, das Finanzamt bestand auf der Anwendung des Regelsteuersatzes. Einspruch und Klage (FG München, Urteil vom 8.2.2012, 3 K 1738/09) hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigte inhaltlich die Entscheidung der Vorinstanz.
Hinweis
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 Alternative 2 UStG ermäßigt sich der Steuersatz für die Verabreichung von Heilbädern. Unionsrechtlich kann der ermäßigte Steuersatz nach Art. 98 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 MwStSystRL i.V.m. Kategorie 17 des Anhangs III auf steuerpflichtige medizinische Versorgungsleistungen und zahnärztliche Leistungen sowie Thermalbehandlungen angewendet werden. Die Rechtsprechung geht von eng auszulegenden Ausnahmetatbeständen aus.
2. Entsprechend der Richtlinie muss das Heilbad eine Thermalbehandlung sein und im Rahmen einer medizinischen Heilbehandlung erfolgen und Heilzwecken dienen. Denn die Richtlinie stellt die Thermalbehandlung den medizinischen Versorgungsleistungen und den zahnärztlichen Leistungen gleich. Bereits nach bisheriger Rechtsprechung muss daher die Verabreichung eines Heilbades der Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen. Danach ist z.B. die Nutzung einer Sauna in einem Fitnessstudio nicht steuersatzermäßigt (BFH, Urteil vom 12.5.2005, V R 54/02, BStBl II 2007, 283.). Zwar hat die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung zunächst mit einem Nichtanwendungserlass belegt (BMF-Schreiben vom 20.3.2007, BStBl I 2007, 307). Der Verwaltung hat sich aber der BFH-Rechtsprechung nunmehr mit BMF-Schreiben vom 28.10.2004 (BStBl I 2014, 1439)doch angeschlossen und Abschn. 12.11 Abs. 3 UStAE mit einer Übergangsregelung zum 1.7.2015 neu gefasst.
3. Ein Starksolebad ist aufgrund der erforderlichen therapeutischen Zielsetzung nur dann ein Heilbad, wenn das Floating zur Behandlung einer Krankheit oder einer Gesundheitsstörung dient. Floating zur Steigerung des Wohlbefindens und zur Erholung ist nicht steuersatzermäßigt.
4. Starksolebäder sind auch keine mit dem Betrieb eines Schwimmbades verbundenen Umsätze.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 Alternative 1 UStG ermäßigt sich der Steuersatz für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze. Unionsrechtlich muss es sich nach Art. 98 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 i.V.m. Anhang III Kategorie 14 MwStSystRL um die Überlassung von Sportanlagen handeln. Daher muss das Schwimmbad eine Sportanlage und somit zur Ausübung einer sportlichen Betätigung geeignet und bestimmt sein. Dies trifft auf Erholungsbadeinrichtungen nicht zu.
Kein Schwimmbad sind daher Becken und Tanks einer Floatinganlage, die für eine sportliche Betätigung wie Schwimmen nach Größe und Ausstattung nicht geeignet sind, sondern ausschließlich dazu dienen, das schwerelose Treiben an der Wasseroberfläche mit dem Ziel der körperlichen und geistigen Entspannung zu ermöglichen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.8.2014 – V R 24/13