Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Die Entscheidung über die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes ist eine Ermessensentscheidung, die in den Grenzen des § 102 FGO gerichtlich überprüfbar ist.
Sachverhalt
Das Finanzamt führte beim Antragsteller eine Außenprüfung durch und forderte ihn mit Schreiben v. 14.12.2010 auf, diverse Unterlagen vorzulegen sowie bestimmte Auskünfte binnen vier Wochen nach Erhalt des Schreibens zu erteilen. Nachdem der Antragsteller dieser Aufforderung trotz mehrmaliger Erinnerung nicht nachgekommen war, setzte das Finanzamt im Mai 2011 ein Verzögerungsgeld von 5.000 EUR fest.
Nach der erfolglosen Durchführung eines Einspruchsverfahrens hat der Antragsteller Klage beim FG erhoben und im Januar 2012 zudem Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO beantragt. Er ist der Auffassung, die Festsetzung des Verzögerungsgeldes sei rechtswidrig, weil er die vom Prüfer geforderten Unterlagen (bereits) im August 2011 vollständig vorgelegt habe.
Entscheidung
Das FG hat den angefochtenen Bescheid über die Festsetzung des Verzögerungsgeldes von der Vollziehung ausgesetzt. Es ist der Meinung, dass sich bereits die Ausübung des Entschließungsermessens als bedenklich darstellt und die Begründung des Auswahlermessens zur Höhe des festgesetzten Verzögerungsgeldes ermessenfehlerhaft ist.
Das Finanzamt habe sich bei der Ausübung des Entschließungsermessens in erster Linie von Verschuldensaspekten leiten lassen. Ob dieser Gesichtspunkt für sich genommen tragfähig ist, sei fraglich, denn es sei nicht ausgeschlossen, dass trotz schuldhafter Säumnis von der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes abzusehen sei. Soweit das Finanzamt davon ausgeht, eine Begründung des Auswahlermessens sei entbehrlich, weil sich der festgesetzte Betrag am unteren "Limit" bewege, liegt ein Begründungsmangel vor. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn das Finanzamt den Mindestsatz von 2.500 EUR festgesetzt hätte.
Zudem sei nicht auszuschließen, dass das Finanzamt seiner Entscheidung einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Denn der Prüfer hat (erst) im finanzgerichtlichen Aussetzungsverfahren eingeräumt, dass im August 2011 ein umfangreiches Anlagenkonvolut eingegangen sei, dass er bislang noch nicht habe sichten können.
Hinweis
Der Antragsteller ist seiner Mitwirkungsverpflichtung während der Außenprüfung nur schleppend und (zunächst) unvollkommen nachgekommen. Gleichwohl ist das FG bei der (lediglich) summarischen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Rechtmäßigkeit des Bescheides über die Festsetzung des Verzögerungsgeldes als ernstlich zweifelhaft darstellt. Die endgültige Entscheidung bleibt allerdings dem Klageverfahren vorbehalten.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.02.2012, 3 V 3006/12