Leitsatz
Im Steuerprozess wird das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unterbrochen, wenn über das Vermögen des Antragstellers nach Eintritt der Rechtshängigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Normenkette
§ 240 ZPO, § 80 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO
Sachverhalt
Die Klägerin hatte gegen ein FG-Urteil Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt und hierfür einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Noch ehe über den Antrag auf Prozesskostenhilfe entschieden worden war, wurde über das Vermögen der Klägerin ein Insolvenzverfahren eröffnet.
Entscheidung
Der BFH war der Auffassung, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei nicht nur das Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision, sondern auch das Verfahren über den Antrag auf Prozesskostenhilfe gem. § 240 ZPO i.V.m. § 155 FGO unterbrochen.
Hinweis
1. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Gemeinschuldner das Recht, über sein Vermögen zu verfügen. Die Verfügungsbefugnis geht auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Sie erstreckt sich auch auf im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung anhängige Aktiv- und Passivprozesse. Der Insolvenzverwalter hat in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob der Prozess für die Masse vorteilhaft ist. Nur wenn er die Frage bejaht, hat er Anlass, den Prozess weiter zu betreiben. Unergiebige oder masseschädliche Verfahren wird der Insolvenzverwalter nicht weiter betreiben.
2. Die verfahrensrechtlichen Instrumentarien für eine solche Vorgehensweise stellen ZPO und InsO zur Verfügung. § 240 ZPO, der über § 155 FGO auch im Finanzprozess gilt, ordnet zunächst die Unterbrechung aller Aktiv- und Passivprozesse durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens an. Sowohl massenützliche als auch masseschädliche Verfahren werden von der Unterbrechung betroffen. Zur Fortführung der nützlichen Aktivprozesse kann der Insolvenzverwalter aber nach § 85 InsO die Aufnahme des Verfahrens erklären.
3. Ein Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe kann grundsätzliche keine Nachteile für die Masse mit sich bringen. Dies ist bei einem erfolgreichen Antrag unmittelbar einsichtig. Aber auch ein erfolgloser Antrag ist nicht masseschädlich, weil Gerichtsgebühren für das Verfahren nicht erhoben werden. Wegen dieser Ausgangslage war bisher streitig, ob der Zweck des § 240 ZPO eine Unterbrechung des Prozesskostenhilfeverfahrens rechtfertigt.
Mit dem hiesigen Beschluss entscheidet der BFH jedenfalls für den Prozess in Steuersachen, dass eine Unterbrechung geboten ist. Es könne nämlich während der Unterbrechung des Hauptsacheverfahrens niemals dazu kommen, dass Prozesskostenhilfe gewährt werde. Eine Gewährung setze hinreichende Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren voraus. Dort bestehe aber keine Erfolgsaussicht, so lange das Verfahren unterbrochen sei. Damit könne das Prozesskostenhilfeverfahren auch dem Insolvenzverwalter keine Hinweise darauf geben, ob eine Aufnahme des Hauptsacheverfahrens erfolgversprechend sei.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 27.9.2006, IV S 11/05 (PKH)