Kommentar
In dem Rechtsstreit ging es um folgenden Fall:
Ein in Belgien ansässiger Rechtsanwalt mietete in den Niederlanden ein Fahrzeug, das er für seine Rechtsanwaltstätigkeit in Belgien nutzte. Er stellte in den Niederlanden einen Antrag auf Erstattung der auf den Mietkosten lastenden Umsatzsteuer. Die niederländische Erstattungsbehörde lehnte diesen Antrag ab, weil die Rechtsanwaltstätigkeit in Belgien steuerfrei sei. Eine sogenannte Unternehmerbescheinigung, daß er in Belgien als Unternehmer registriert sei, hatte der Rechtsanwalt seinem Antrag nicht beigefügt.
Fraglich war, ob der Rechtsanwalt einen Erstattungsanspruch hatte, weil die Rechtsanwaltstätigkeit, sofern sie in den Niederlanden ausgeübt wird, umsatzsteuerpflichtig ist und niederländische Unternehmer insoweit den Vorsteuerabzug haben bzw. andere ausländische Rechtsanwälte, die in ihrem Heimatstaat umsatzsteuerpflichtig sind, in den Niederlanden ebenfalls einen Anspruch auf Erstattung niederländischer Umsatzsteuer haben.
Der EuGH hat die Erstattungsberechtigung des belgischen Rechtsanwalt verneint, weil er die erforderliche Unternehmerbescheinigung nicht vorlegen konnte. Diese Begründung erscheint zutreffend, weil die Mitgliedstaaten nach Artikel 3 Buchst. b Satz 3 der 8. EG-Richtlinie über das Umsatzsteuererstattungsverfahren Unternehmern, die nur steuerfreie Umsätze ausführen, keine Unternehmerbescheinigung ausstellen dürfen. Gleichwohl wirft das Urteil neue Fragen auf. In der Entscheidung scheint anzuklingen, daß ein Erstattungsstaat – auch bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen des jeweiligen Antrages – berechtigt ist, die Erstattung zu versagen, wenn der antragstellende Unternehmer in seinem Ansässigkeitsstaat steuerfreie Umsätze ausführt. Diese Frage hat der EuGH letztlich aber nicht entschieden. Es bleibt also bei den Zweifeln, ob sich das Recht über die Erstattung von Umsatzsteuern an ausländische Unternehmer nach dem Vorsteuerabzugsrecht des Erstattungsstaates oder des Ansässigkeitsstaates richtet. In einem umsatzsteuerlichen Binnenmarkt müssen die Mitgliedstaaten ausländische Unternehmer so behandeln wie einheimische Unternehmer. Dann gilt das Recht des Erstattungsstaates. Eine andere Lösung wäre m.E. auch kaum praktikabel. Sonst müßte nämlich der Erstattungsstaat prüfen, wie das Vorsteuerabzugsrecht des Ansässigkeitsstaates ausgestaltet ist. Auch müßte der Erstattungsstaat prüfen, in welchem Verhältnis der antragstellende Unternehmer steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze erbringt.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 26.09.1996, C-302/93