Kommentar
Kosten eines erstmaligen Studiums an einer Universität, Hochschule oder Fachhochschule sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH steuerrechtliche Kosten der Berufsausbildung , die nicht als Werbungskosten , sondern nur in begrenzter Höhe als Sonderausgaben abziehbar sind ( § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ). Als Ausbildungskosten hat der BFH insbesondere angesehen die Aufwendungen für ein Erststudium an einer
- Universität oder technischen Universität ( BFH, Urteil v. 24. 7. 1973, IV R 27/72, BStBl 1973 II S. 817 )
- höheren Ingenieurfachschule , um graduierter Ingenieur zu werden (BFH, Urteil v. 10 12. 1971, VI R 150/70, BStBl 1972 II S. 254)
- höheren Wirtschaftsfachschule mit dem Ziel, graduierter Betriebswirt zu werden ( BFH, Urteil v. 29. 5. 1974, VI R 182/71, BStBl 1974 II S. 636 )
- Pädagogischen Hochschule ( BFH, Urteil v. 3. 12. 1974, VI R 31/74, BStBl 1975 II S. 446 ).
Die vorbezeichnete Rechtsprechung hat der BFH auch auf ein „berufsintegrierendes” Erststudium an an einer Fachhochschule mit dem Ziel, den Hochschulgrad „Diplom-Betriebswirt (FH)” zu erwerben, ausgedehnt (BFH, Urteil v. 28. 9. 1984, VI R 44/83, BStBl 1985 II S.94).
Bei dem der letztgenannten Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte sich der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer für die Dauer des Studiums ein „studienrelevantes Tätigkeitsfeld” zur Verfügung zu stellen und die Teilnahme an Vorlesungen, Seminaren und Prüfungen zu ermöglichen. Maßgebende Erwägung des BFH für seine Entscheidung war, daß Kosten eines Erststudiums an einer Universität, Hochschule oder Fachhochschule wegen der kaum zu bewältigenden Abgrenzungsschwierigkeiten und im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung typisierend einheitlich als Berufsausbildungskosten zu bewerten seien. Durch den erfolgreichen Abschluß eines solchen Erststudiums werde in der Regel eine neue Basis für einen gegenüber der bisherigen beruflichen Stellung höherrangigen Beruf geschaffen.
An dieser Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof nunmehr erneut festgehalten für einen Sachverhalt, bei dem sich ein als Revisor tätiger Sparkassenbetriebswirt bei der staatlich anerkannten Fachhochschule AKAD – Akademikergesellschaft für Erwachsenenfortbildung im Studiengang Betriebswirtschaft immatrikuliert hatte. Zulassungsvoraussetzung für das Examen („Diplom-Betriebswirt FH”) ist eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine fünfjährige Berufspraxis.
Der BFH blieb auch jetzt aus Gründen der Rechtssicherheit und der gleichmäßigen, auch einfacheren Handhabung des Rechts , bei seiner Rechtsprechung. Er führt aus: „Sachgerechte und für die Praxis brauchbare Unterscheidungsmerkmale , bei deren Vorliegen ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule ausnahmsweise als berufliche Fort bildung zu qualifizieren wäre und die außerdem im Vergleich zu einer ausnahmslosen Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben zu einem insgesamt als gerechter erscheinenden Ergebnis führen, sind nicht erkennbar.”
Daher sind die Kosten für das durchgeführte Erststudium als Berufsausbildungskosten i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu qualifizieren.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.04.1996, VI R 94/94
Anmerkung:
Man wird sich wohl auf den Fortbestand dieser typisierenden Rechtsprechung einstellen müssen , auch wenn das Ergebnis in Einzelfällen – m. E. auch im Streitfall – nicht voll befriedigen kann. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber Ausbildungskosten ebenso wie Unterhaltskosten für Kinder typisierend und pauschal durch den Familienleistungsausgleich , nämlich durch die Gewährung des Kinderfreibetrags ( § 32 EStG ) oder des Kindergelds ( § 62 ff. EStG ) bei den Eltern abgilt und diesen zusätzlich auch noch Ausbildungsfreibeträge ( § 33a Abs. 2 EStG ) gewährt. Diese gesetzliche Regelung beruht auf der Erwägung, daß für den Unterhalt und die Ausbildung von Kindern auch heute noch im wesentlichen die Eltern aufkommen und diese deshalb steuerlich zu entlasten sind.
Eine Anerkennung der Ausbildungskosten außerdem bei den auszubildenden Kindern als Werbungskosten könnte auf eine doppelte Berücksichtigung desselben Aufwands einmal bei den Eltern über die Gewährung von Kindergeld und Ausbildungsfreibeträgen, andererseits bei den Kindern über den Werbungskostenabzug hinauslaufen. Erwägenswert wäre die Einführung eines Wahlrechts , nämlich Ausbildungskosten entweder bei den Eltern im Rahmen des Familienleistungsausgleichs und über Ausbildungsfreibeträge oder bei den Auszubildenden selbst als Werbungskosten zu berücksichtigen. Eine solche im Ergebnis vielleicht gerechtere Lösung liefe wohl aber wiederum auf eine Komplizierung des Steuerrechts hinaus.
Ausbildungskosten
Fortbildungskosten