LfSt Bayern v. 3.6.2019, S 2134.1.1-10/5 St 32
1. Allgemeines
Der Insolvenzverwalter hat nach § 63 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen. Der Regelsatz der Vergütung wird nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet. Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverfahrens nach § 64 Abs. 1 InsO durch Beschluss fest.
Vor Beendigung des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter nach § 9 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) einen Vorschuss auf die Vergütung und die Auslagen aus der Insolvenzmasse entnehmen, wenn das Insolvenzgericht zustimmt. Die Zustimmung soll erteilt werden, wenn das Insolvenzverfahren länger als sechs Monate dauert oder wenn besonders hohe Auslagen erforderlich werden.
2. Ertragsteuerliche Behandlung der Vorschüsse nach § 9 InsVV
2.1. Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich
Nach der Entscheidung des BFH vom 7.11.2018, IV R 20/16 , handelt es sich bei der Vergütung des Insolvenzverwalters um eine Gesamtvergütung für eine einheitliche Tätigkeit während des gesamten Insolvenzverfahrens, da sich die Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens bemisst. Der Insolvenzverwalter hat demnach die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung grundsätzlich erst mit dem Beschluss des Insolvenzgerichts über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens erbracht. Erst zu diesem Zeitpunkt tritt die Gewinnrealisierung ein und ist die Forderung auf die Gesamtvergütung (gewinnrealisierend) zu aktivieren.
Bei dem in § 9 InsVV vorgesehenen Betrag, den der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Insolvenzgerichts aus der Insolvenzmasse entnehmen darf, handelt es sich nicht um eine Vergütung für eine selbständig abrechenbare und vergütungsfähige Teilleistung, sondern um einen bloßen Vorschuss auf die (endgültige) Vergütung, der noch nicht zu einer Gewinnrealisierung führt.
Vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens sind demnach die bereits aus der Insolvenzmasse entnommenen Vorschüsse nach § 9 InsVV als erhaltene Anzahlungen zu passivieren.
Nach Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene ist das o.g. Urteil zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt Teil II vorgesehen; die Grundsätze sind somit über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Ruhende Einspruchsverfahren können wieder aufgenommen und entsprechend der BFH-Entscheidung bearbeitet werden.
Die in der Archivmitteilung Nr. 06/2011 (Vergütungsvorschuss bei bilanzierenden Insolvenzverwaltern) dargestellten Grundsätze zur ertragsteuerlichen Behandlung von Vorschüssen nach § 9 InsVV sind somit überholt und daher nicht mehr anzuwenden.
2.2. Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung
Ermittelt der Insolvenzverwalter den Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung, sind die Vorschüsse im Zeitpunkt des Zuflusses in voller Höhe als Betriebseinnahme zu erfassen.
Normenkette
InsVV § 9
EStG § 4