Dipl.-Finw. (FH) Raphael Schmitz
Leitsatz
Der bei Erwerb einer "gebrauchten" Lebensversicherung aufgelaufene Zinsanteil ist im Veranlagungszeitraum des Erwerbs weder als Werbungskosten noch als negative Einnahme aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen, vielmehr handelt es sich um Anschaffungskosten der Lebensversicherung.
Sachverhalt
Die Kläger gründeten in 2005 eine GbR, welche im gleichen Jahr eine sog. "gebrauchte" Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall (Beginn der Versicherung 1985, Ende der Versicherung 2017) von A erwarb. A übertrug sämtliche Rechte, Ansprüche und Pflichten aus seinem Versicherungsverhältnis auf die GbR. Die von der Versicherungsgesellschaft zum Stichtag der Übertragung ermittelten außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen machten die Kläger in der Feststellungserklärung für 2005 als Werbungskosten bzw. als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen geltend.
Entscheidung
Sowohl das Finanzamt als auch das Hessische FG folgten dem Antrag der Kläger nicht. Der Käufer einer Versicherungspolice erwirbt bereits bestehende Ansprüche des früheren Versicherungsnehmers aus einem einheitlichen Versicherungsvertrag. Der Umstand des Erwerbs von bei Auszahlung zu versteuernden Zinsansprüchen betrifft das persönliche in die Kalkulation einzubeziehende Risiko des Käufers. Die Zahlungen der Kläger stellen Aufwendungen dar, die geleistet werden, um einen bzw. rechnerisch mehrere Vermögensgegenstände zu erwerben. Somit handelt es sich um klassische Anschaffungskosten und nicht um (vorweggenommene) Werbungskosten i. S. d. § 9 EStG. Ebenfalls kann eine Berücksichtigung als negative Einnahme in analoger Anwendung der für das Streitjahr geltenden Regelung für Stückzinsen nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht in Betracht kommen, weil der Veräußerer die außerrechnungsmäßigen Zinsen nicht zu versteuern hat und es sich bei diesen um keine fest kalkulierbare und bestimmbare Größe handelt.
Hinweis
In dem zu beurteilenden Streitfall muss der Veräußerer der Lebensversicherung den an ihn gezahlten Kaufpreis nicht der Besteuerung unterwerfen. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG i. d. für das Streitjahr geltenden Fassung sieht keinen steuerlichen Tatbestand zur Erfassung eines Überschusses des Veräußerungserlöses über die eingezahlten Versicherungsbeiträge vor. Die Nichterfassung von Veräußerungsgewinnen von vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Verträgen (Altverträge) gilt im Regelfall auch für Veräußerungen, die nach dem 31.12.2008 vollzogen werden (§ 52a Abs. 10 S. 5 EStG). Altverträge sind danach nur steuerpflichtig, sofern bei einem Rückkauf zum Veräußerungszeitpunkt die Erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung steuerpflichtig wären (insbesondere Verkauf vor Ablauf von 12 Jahren) .
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH VII R 46/09).
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Gerichtsbescheid vom 16.09.2009, 4 K 1900/07