Leitsatz
Bei mehreren Verträgen ist ein Grundstück in bebautem Zustand Erwerbsgegenstand, wenn dem Erwerber auf Grund einer konkreten Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten wird und er dieses Angebot als einheitliches annimmt oder nur annehmen kann.
Sachverhalt
W hat ein Grundstück zum Verkauf angeboten. Architekt SZ hat Ende 2004 eine Baubeschreibung verfasst, wonach auf diesem Grundstück ein Wohngebäude errichtet werden soll. Am 24.1.2005 hat SZ zudem eine Kostenberechnung für die einzelnen Wohnungen erstellt. Am 24.4.2005 errichtete der Kläger zusammen mit anderen Parteien eine GbR als Bauherrengemeinschaft, wobei Y, der von SZ mit dem Abschluss von Kaufoptionen beauftragt wurde, Geschäftsführer und Treuhänder der GbR wurde. Die Bebauung sollte sich an den Planungen von SZ orientieren. Am 27.4.2005 haben der Kläger und die anderen Parteien das Grundstück erworben. Am 9.5.2005 schloss die GbR mit SZ entsprechend den vorliegenden Planungen einen Architektenvertrag über den Neubau. Das Finanzamt war der Meinung, dass die Verträge zur Wohnhauserrichtung im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag stünden und hat die Baukosten in die Bemessungsgrundlage der GrESt einbezogen. Hiergegen wurde Einspruch eingelegt, da zwischen W und den Käufern keine feste Vereinbarung über die Bebauung getroffen worden sei.
Entscheidung
Die Klage ist nicht begründet. Entscheidend für den Umfang der Bemessungsgrundlage der GrESt ist, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist. Dies bestimmt sich nicht nur nach dem Kaufvertrag. Es können vielmehr auch mit diesem in objektiv sachlichem Zusammenhang stehende weitere Verträge einzubeziehen sein. Bei mehreren Verträgen ist ein Grundstück in bebautem Zustand Erwerbsgegenstand, wenn die Verträge nach dem Willen der Parteien in ihrem Bestand rechtlich miteinander verknüpft sind, aber auch dann, wenn zwischen den Verträgen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Dies kann auch dann vorliegen, wenn erst der Grundstückskaufvertrag und anschließend der Bauvertrag geschlossen werden. In solchen Fällen genügt es, wenn dem Erwerber auf Grund einer konkreten Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten wird und er dieses Angebot als einheitliches annimmt oder nur annehmen kann. Dem Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands steht es dabei nicht entgegen, wenn bei Abschluss des Kaufvertrags der Erwerber noch nicht unumkehrbar auf eine bestimmte Bebauung oder die Beauftragung bestimmter Bauunternehmer festgelegt ist. Maßgebend ist der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt. Nach Meinung des FG war der Kläger bereits vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages auf die Bebauung des Grundstücks in der von W vorgegebenen Art festgelegt. W hat dabei mit SZ sowie Y zusammengewirkt, so dass eine kausale Verknüpfung der einzelnen Leistungen gegeben war.
Hinweis
Das Urteil verdeutlicht, dass im Bereich der GrESt die wirtschaftliche Betrachtung Vorrang gegenüber der rechtlichen Vertragsgestaltung hat. In ähnlich gelagerten Fällen ist zur Vermeidung einer Einbeziehung der Kosten für das Gebäude in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage darauf zu achten, dass keinerlei Verbindungen zwischen dem Veräußerer und denjenigen Personen, die an der Gebäudeerrichtung beteiligt sind, bestehen.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.10.2011, 11 K 11234/07