Kai Grönke, Lisa Katharina Janus
Um ein umfassendes Verständnis für die Rolle und die Bedeutung des neuen ESG-Teams zu entwickeln, ist es ratsam, zunächst strategische Leitlinien zu definieren. Der Ansatz von Horváth legt dabei im ersten Schritt besonderen Wert auf die Formulierung einer Vision, Mission und eines Purpose-Statements. Diese Leitlinien können entweder speziell auf das neu formierte Team zugeschnitten sein oder das gesamte Unternehmen einbeziehen, insbesondere wenn gleichzeitig eine umfassende Umstrukturierung der Organisation angestrebt wird.
Für die Formulierung des "Warum" und "Wie" in Vision, Mission und Purpose Statement ist es empfehlenswert, eine strukturierte Untersuchung der beteiligten internen und externen Stakeholder durchzuführen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass der Aufbau des neuen Teams konsequent auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt ist. Indem man die Erwartungen der eigenen Kunden (identifizierte Stakeholder) an die neue Einheit kennt, kann der Zweck und die Daseinsberechtigung (Purpose Statement) entsprechend ausgerichtet werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die nachfolgende Entwicklung der weiteren TOM-Module den größtmöglichen Mehrwert für die Organisation bietet.
Die Stakeholder-Analyse beinhaltet hierzu drei Schritte:
Stakeholder kennen
Unter Verwendung einer Stakeholder-Matrix werden alle relevanten Stakeholder(-Gruppen) nach ihrem Einfluss und ihrer Wichtigkeit für die neue Organisationseinheit klassifiziert. Typischerweise umfassen diese neben dem Vorstand die Bereiche Controlling, Finance, Umweltmanagement, sowie weitere Funktions- und Fachbereiche wie bspw. Einkauf und Vertrieb. Aus externer Perspektive sind Kunden, Lieferanten, Wirtschaftsprüfer, Shareholder und Fremdkapitalgeber von hoher Bedeutung für das ESG-Team.
Anforderungen identifizieren
Im zweiten Schritt werden die erforderlichen Funktionen und Anforderungen für jede Stakeholder-Gruppe sorgfältig überlegt. Dabei wird analysiert, welche spezifischen Erwartungen die verschiedenen Stakeholder an das neue Team haben. Im Kontext der EU-Taxonomie sind beispielsweise die Shareholder, aber auch der Vorstand und das Management in der Regel an einer höchstmöglichen Konformitätsquote der Wirtschaftsaktivitäten interessiert. Letztere legen zudem großen Wert auf möglichst transparente Informationen über den Stand der Entwicklungen in der Regulatorik und Berichtsfähigkeit. Darüber hinaus erachten sie effiziente Prozesse als äußerst wichtig.
Erforderliche Eigenschaften verstehen
Die ersten beiden Schritte zielen darauf ab, die Effektivität zu maximieren, indem die notwendigen Funktionen und Anforderungen für jede Stakeholder-Gruppe sorgfältig durchdacht werden. Im dritten Schritt liegt der Fokus darauf, das neue Team möglichst effizient zu gestalten. Dabei werden die erforderlichen Eigenschaften analysiert, die gewährleisten sollen, dass die Anforderungen der Stakeholder erfüllt werden können. Die Definition solcher Kriterien, wie beispielsweise fachliche Kompetenz, Transparenz oder die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, kann in Teambuilding-Workshops erarbeitet werden. Auf diese Weise wird die Identität des neuen Teams von Anfang an gestärkt.
Diese eingehenden Vorüberlegungen und Analysen münden schließlich in die ausformulierte Vision, Mission und Purpose-Statements.
Um eine konsistente Definition der gesamten Einheit sicherzustellen, werden für jedes TOM-Modul spezifische Leitplanken konkretisiert. Diese sollten sich an existierenden Richtlinien der Organisation orientieren, sei es im Finanzbereich oder übergreifend, und gleichzeitig ESG-spezifische Aspekte berücksichtigen. Die strategischen Leitplanken fungieren als Referenzpunkte, auf die zurückgegriffen werden kann, falls bei der Definition der anderen Module Unsicherheiten auftreten. Sie sollen eine grobe Stoßrichtung vorgeben und es ermöglichen, die Fragestellungen im Einklang mit den festgelegten Grundsätzen abzuwägen. Im Modul 4 "Aufbauorganisation" könnte ein solcher Leitsatz bspw. lauten: "Das ESG-Team fungiert als primärer Ansprechpartner für ESG-Themen innerhalb der Finanzorganisation sowie über Funktionen hinweg."