OFD Hannover, Verfügung v. 6.7.2005, S 0820 - 57 - StH 258
Hilfeleistungen in Steuersachen durch Personen, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat beruflich niedergelassen sind
Nach § 3 Nr. 4 StBerG sind auch Personen und Vereinigungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU als Deutschland oder in der Schweiz beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten (sog. Dienstleister in Steuersachen), zur Hilfeleistung in Steuersachen in Deutschland befugt, soweit sie mit der Hilfeleistung in Steuersachen eine Dienstleistung nach § 50 EG-Vertrag (EGV) erbringen; der Umfang der Befugnis richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat.
§ 3 Nr. 4 StBerG trägt damit den Anforderungen des EG-Vertrags im Bereich der Dienstleistungsfreiheit bei grenzüberschreitender Hilfeleistung in Steuersachen Rechnung. Aus dieser Vorschrift lassen sich allerdings nicht mehr Rechte herleiten als unmittelbar aus dem EG-Recht. Insbesondere wird hierdurch keine umfassende, uneingeschränkte Tätigkeitsbefugnis aller ausländischen Berufszweige, die steuerberatend tätig sind, auf dem Gebiet der inländischen Hilfeleistung in Steuersachen normiert.
Die zu Grunde liegende Dienstleistungsfreiheit nach Art. 50 EG-Vertrag beinhaltet keine uneingeschränkte Beratungsbefugnis, sondern sie gewährleistet lediglich die Zulässigkeit einer grenzüberschreitenden Tätigkeit vom ausländischen Ort der beruflichen Niederlassung aus. Eine grenzüberschreitende Tätigkeit liegt vor, wenn:
- Leistungserbringer (Dienstleister) und Leistungsempfänger in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind. Dem Merkmal der „Ansässigkeit” wird von der Rechtsprechung vermehrt Bedeutung zugemessen. Es reicht nicht aus, wenn in einem anderen Mitgliedstaat der EU ein Büro unterhalten wird. Ist die betr. Person gleichzeitig in Deutschland ansässig (häufig wird in diesen Fällen eine deutsche „Postadresse” am Wohnort oder ein „Zweitbüro” angegeben), scheitert es an der „ausländischen Ansässigkeit”, so dass keine grenzüberschreitende Tätigkeit mehr gegeben ist. Unerheblich ist es, in welchem Staat sich der Dienstleistende überwiegend aufhält.
- der Gegenstand der Beratungstätigkeit eines Auslandsbezugs aufweist. Bei dem zu beurteilenden steuerrechtlichen Sachverhalt muss hinsichtlich des Leistungsinhalts ebenfalls eine Grenzüberschreitung gegeben sein. Dies dürft bei Steuerpflichtigen mit deutscher Staatsbürgerschaft und einem Wohnsitz im Inland, der der deutschen Steuerpflicht unterliegt und auch bei seiner Einkünfteerzielung kein Auslandsbezug aufweist, im Regelfall nicht vorliegen.
- die Tätigkeit im Inland nur eine vorübergehende ist. Vorübergehend ist eine Tätigkeit nur, wenn sie nicht auf Dauer angelegt ist. Hierbei sind die Dauer der Dienstleistung, deren Häufigkeit, eine regelmäßige Wiederkehr sowie Kontinuität der Leistung zu berücksichtigen.
Der Umfang der Befugnis im Inland richtet sich nach dem Umfang der Befugnis im Niederlassungsstaat.
Personen gemäß § 3 Nr. 4 StBerG dürfen nur unter der Berufsbezeichnung in den Amtssprachen des Niederlassungsstaates auftreten. Wer befugterweise die (ausländischen) Bezeichnungen „Steuerberater”, „Steuerbevollmächtigter” oder „Steuerberatungsgesellschaft” führt, hat zusätzlich die Berufsorganisation, der er im Niederlassungsstaat angehört, sowie den Niederlassungsstaat anzugeben.
Das Begründen einer (zusätzlichen) inländischen Niederlassung durch EU-Bürger bzw. EU-Vereinigungen setzt unverändert zwingend die formelle Bestellung als inländischer Steuerberater voraus; dies gilt auch für Nicht-EU-Bürger. Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der EU oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) können unter bestimmten Voraussetzungen eine Eignungsprüfung absolvieren und nach deren Bestehen anschließend zum Steuerberater bestellt werden.
Der spezielle Erlaubnistatbestand des § 3 Nr. 4 StBerG wurde für EU-Ausländer geschaffen. Deutsche Staatsangehörige, die in anderen EU-Mitgliedsstaaten die Zulassung als „Steuerberater” nach dortigem Recht erwirkt haben, sind auch nach § 3 Nr. 4 StBerG nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Die durch das 7. StBerÄndG erfolgten Änderungen der §§ 3, 7 StBerG und § 80 AO bedeuten daher insgesamt keine Änderung der Rechtslage gegenüber Personen, die als deutsche Staatsbürger nur zu dem Zweck, Steuerberatungsleistungen im Inland erbringen zu wollen, ein Büro in einem anderen Mitgliedsstaat der EU anmieten. In diesen Fällen handelt es sich nicht um grenzüberschreitende Dienstleistungen nach Art. 50 EGV, sondern um einen Missbrauch der in Art. 49 ff. EGV normierten Dienstleistungsfreiheit mit dem Ziel, sich den nationalen Vorschriften über eine Berufsausbildung, Berufszulassung und Berufsausübung zu entziehen.
Niederländische „Belasting Adviseure”
Es treten sein einigen Jahren häufig sog. „Belasting Adviseure” (Steuerberater nach niederländischem Recht) gegenüber inländischen F...