Entscheidungsstichwort (Thema)
Konzern, Gebietsansässige Gesellschaft, Verlustübertragung, Bindegliedgesellschaft in anderem Mitgliedstaat
Leitsatz (amtlich)
Die Art. 49 AEUV und 54 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wonach eine zu einem Konzern gehörende gebietsansässige Gesellschaft die Möglichkeit hat, Verluste einer anderen, zu einem Konsortium gehörenden gebietsansässigen Gesellschaft auf sich zu übertragen, wenn eine „Bindegliedgesellschaft“, die sowohl diesem Konzern als auch diesem Konsortium angehört, ebenfalls in diesem Mitgliedstaat ansässig ist ‐ unabhängig vom Sitz der Gesellschaften, die selbst oder über zwischengeschaltete Gesellschaften das Kapital der Bindegliedgesellschaft und der anderen von der Verlustübertragung betroffenen Gesellschaften halten ‐, während diese Möglichkeit nicht besteht, wenn die Bindegliedgesellschaft ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.
Normenkette
AEUV Art. 49, 54
Beteiligte
Felixstowe Dock and Railway Company u.a |
Felixstowe Dock and Railway Company Ltd u. a |
The Commissioners for HM Revenue and Customs |
Verfahrensgang
First-Tier Tribunal (Vereinigtes Königreich) (Urteil vom 19.12.2011; ABl. EU 2012, Nr. C 184/2) |
Tatbestand
„Vorabentscheidungsersuchen ‐ Niederlassungsfreiheit ‐ Körperschaftsteuer ‐ Steuerliche Entlastung ‐ Konzerne und Konsortien ‐ Nationale Regelung, die die Übertragung von Verlusten zwischen einer Konsortialgesellschaft und einer zu einem Konzern gehörenden Gesellschaft erlaubt, die durch eine sowohl zu dem Konzern als auch zu dem Konsortium gehörende ‚Bindegliedgesellschaft‘ verbunden sind ‐ Sitzerfordernis der ‚Bindegliedgesellschaft‘ ‐ Diskriminierung aufgrund des Gesellschaftssitzes ‐ Konzernmuttergesellschaft, die in einem Drittstaat ansässig ist und über in Drittstaaten ansässige Gesellschaften die Anteile der Gesellschaften hält, die untereinander Verluste übertragen wollen“
In der Rechtssache C-80/12
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom First-tier Tribunal (Tax Chamber) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 19. Dezember 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Februar 2012, in dem Verfahren
Felixstowe Dock and Railway Company Ltd,
Savers Health and Beauty Ltd,
Walton Container Terminal Ltd,
WPCS (UK) Finance Ltd,
AS Watson Card Services (UK) Ltd,
Hutchison Whampoa (Europe) Ltd,
Kruidvat UK Ltd,
Superdrug Stores plc
gegen
The Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, L. Bay Larsen, T. von Danwitz, A. Borg Barthet und M. Safjan, der Richter A. Rosas, J. Malenovský, E. Levits, A. Ó Caoimh, J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev und D. Šváby sowie der Richterin A. Prechal,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Felixstowe Dock and Railway Company Ltd, der Savers Health and Beauty Ltd, der Walton Container Terminal Ltd, der WPCS (UK) Finance Ltd, der AS Watson Card Services (UK) Ltd, der Hutchison Whampoa (Europe) Ltd, der Kruidvat UK Ltd und der Superdrug Stores plc, vertreten durch P. Baker, QC, und N. Shaw, QC,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. Beeko und A. Robinson als Bevollmächtigte im Beistand von D. Goy, QC, sowie G. Facenna, Barrister,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und J.-S. Pilczer als Bevollmächtigte,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch J. Langer, C. Schillemans und C. Wissels als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und R. Lyal als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Oktober 2013
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49 AEUV und 54 AEUV.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Felixstowe Dock and Railway Company Ltd, Savers Health and Beauty Ltd, Walton Container Terminal Ltd, WPCS (UK) Finance Ltd, AS Watson Card Services (UK) Ltd, Hutchison Whampoa (Europe) Ltd, Kruidvat UK Ltd und Superdrug Stores plc zum einen und den Commissioners for Her Majesty’s Revenue & Customs zum anderen wegen der Anwendung der Rechtsvorschriften über den Konsortialantrag auf Konzernabzug.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Der Income and Corporation Taxes Act 1988 (Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz von 1988) in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: ICTA) bestimmt in Section 402:
„(1) Gemäß diesem Kapitel und Section 492(8) kann ein Abzug für Betriebsverluste und sonstige im Rahmen der Körperschaftsteuer abzugsfähige Beträge in den Fällen der Subsections (2) und (3) von einer Gesellschaft (übertragende...