Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Dumping. Verordnung (EG) Nr. 1472/2006. Einfuhren bestimmter Schuhe mit Oberteil aus Leder mit Ursprung in China und Vietnam. Verordnung (EG) Nr. 384/96. Art. 2 Abs. 7, 9 Abs. 5 und 17 Abs. 3. Status eines unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätigen Unternehmens. Individuelle Behandlung. Stichprobe
Beteiligte
Brosmann Footwear (HK) u.a. / Rat |
Rat der Europäischen Union |
Brosmann Footwear (HK) Ltd |
Seasonable Footwear (Zhongshan) Ltd |
Lung Pao Footwear (Guangzhou) Ltd |
Risen Footwear (HK) Co. Ltd |
Tenor
1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 4. März 2010, Brosmann Footwear (HK) u. a./Rat (T-401/06), wird aufgehoben.
2. Die Verordnung (EG) Nr. 1472/2006 des Rates vom 5. Oktober 2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter Schuhe mit Oberteil aus Leder mit Ursprung in der Volksrepublik China und Vietnam wird für nichtig erklärt, soweit sie die Brosmann Footwear (HK) Ltd, die Seasonable Footwear (Zhongshan) Ltd, die Lung Pao Footwear (Guangzhou) Ltd und die Risen Footwear (HK) Co. Ltd. betrifft.
3. Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten, die der Brosmann Footwear (HK) Ltd, der Seasonable Footwear (Zhongshan) Ltd, der Lung Pao Footwear (Guangzhou) Ltd und der Risen Footwear (HK) Co. Ltd im ersten Rechtszug und im vorliegenden Verfahren entstanden sind.
4. Die Europäische Kommission und die Confédération européenne de l'industrie de la chaussure (CEC) tragen die ihnen im ersten Rechtszug und im vorliegenden Verfahren entstandenen eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. Mai 2010,
Brosmann Footwear (HK) Ltd mit Sitz in Kowloon (China),
Seasonable Footwear (Zhongshan) Ltd mit Sitz in Zhongshan (China),
Lung Pao Footwear (Guangzhou) Ltd mit Sitz in Guangzhou (China),
Risen Footwear (HK) Co. Ltd mit Sitz in Kowloon,
Prozessbevollmächtigte: L. Ruessmann, A. Willems, S. De Knop und C. Dackö, avocats
Rechtsmittelführerinnen,
andere Verfahrensbeteiligte:
Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.-P. Hix und R. Szostak als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt G. Berrisch und N. Chesaites, Barrister,
Beklagter im ersten Rechtszug,
Europäische Kommission, vertreten durch T. Scharf und H. van Vliet als Bevollmächtigte,
Confédération européenne de l'industrie de la chaussure (CEC),
Streithelferinnen im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters J. Malenovský, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter) und D. Šváby,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2011,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. September 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Brosmann Footwear (HK) Ltd (im Folgenden: Brosmann), die Seasonable Footwear (Zhongshan) Ltd, die Lung Pao Footwear (Guangzhou) Ltd (im Folgenden: Lung Pao) und die Risen Footwear (HK) Co. Ltd die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 4. März 2010, Brosmann Footwear (HK) u. a./Rat (T-401/06, Slg. 2010, II-671, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1472/2006 des Rates vom 5. Oktober 2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter Schuhe mit Oberteil aus Leder mit Ursprung in der Volksrepublik China und Vietnam (ABl. L 275, S. 1, im Folgenden: streitige Verordnung) abgewiesen worden ist.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Die Vorschriften über die Anwendung von Antidumpingmaßnahmen durch die Europäische Union finden sich in der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 461/2004 des Rates vom 8. März 2004 (ABl. L 77, S. 12) geänderten Fassung (im Folgenden: Grundverordnung).
Rz. 3
Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines unter marktwirtschaftlichen Bedingungen tätigen Unternehmens (im Folgenden: MWS) bestimmt Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung:
„Im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft … erfolgt die Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft oder des Preises, zu dem die Ware aus einem solchen Drittland in andere Länder sowie in die Gemeinschaft verkauft wird; falls dies nicht möglich ist, erfolgt die Ermittlung auf jeder anderen angemessenen Grundlage, einschließlich des für die gleichartige Ware in der Gemeinschaft tatsächlich gezahlten oder ...