Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Richtlinie 97/7/EG. Verbraucherschutz. Vertragsabschlüsse im Fernabsatz. Verbraucherinformation. Erteilte oder erhaltene Informationen. Dauerhafter Datenträger. Begriff. Hyperlink auf der Internetseite des Lieferers. Widerrufsrecht
Beteiligte
Tenor
Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ist dahin auszulegen, dass eine Geschäftspraxis, nach der die in dieser Bestimmung vorgesehenen Informationen nur über einen Hyperlink auf einer Website des betreffenden Unternehmens zugänglich gemacht werden, nicht den Anforderungen der genannten Bestimmung entspricht, da diese Informationen weder im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7 von dem Unternehmen „erteilt” noch im Sinne derselben Bestimmung vom Verbraucher „erhalten” werden, und dass eine Website wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht als „dauerhafter Datenträger” im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7 anzusehen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Wien (Österreich) mit Entscheidung vom 26. Januar 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Februar 2011, in dem Verfahren
Content Services Ltd
gegen
Bundesarbeitskammer
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter J. Malenovský, E. Juhász (Berichterstatter), G. Arestis und T. von Danwitz,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Content Services Ltd, vertreten durch Rechtsanwalt J. Öhlböck,
- der Bundesarbeitskammer, vertreten durch die Rechtsanwälte A. M. Kosesnik-Wehrle und S. Langer,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch G. Kotta, F. Dedousi und G. Alexaki als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. D'Ascia, avvocato dello Stato,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Owsiany-Hornung und S. Grünheid als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. März 2012
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. L 144, S. 19).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Content Services Ltd (im Folgenden: Content Services) und der Bundesarbeitskammer über die Form, in der der Verbraucher, der im Internet einen Vertrag im Fernabsatz geschlossen hat, die vertragsrelevanten Informationen erhalten muss.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 9, 11, 13, 14 und 22 der Richtlinie 97/7 heißt es:
„(9) Der Abschluss von Verträgen im Fernabsatz ist durch die Verwendung einer oder mehrerer Fernkommunikationstechniken gekennzeichnet. … Aufgrund ihrer ständigen Weiterentwicklung können diese Techniken nicht in einer erschöpfenden Liste erfasst werden; es ist daher notwendig, brauchbare Prinzipien auch für die wenig verwendeten unter ihnen festzulegen.
…
(11) Die Verwendung dieser Techniken darf nicht zu einer Verringerung der dem Verbraucher vermittelten Informationen führen. Es sind daher die Informationen festzulegen, die dem Verbraucher unabhängig von der verwendeten Kommunikationstechnik zwingend übermittelt werden müssen. …
…
(13) Die mit Hilfe bestimmter elektronischer Technologien verbreitete Information ist häufig nicht beständig, soweit sie nicht auf einem dauerhaften Datenträger empfangen wird. Infolgedessen ist es notwendig, dass der Verbraucher rechtzeitig schriftlich Informationen erhält, die zur korrekten Ausführung des Vertrags erforderlich sind.
(14) Der Verbraucher hat in der Praxis keine Möglichkeit, vor Abschluss des Vertrags das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Daher sollte ein Widerrufsrecht bestehen, sofern in dieser Richtlinie nicht etwas anderes bestimmt ist. …
…
(22) Bei den neuen Technologien entzieht sich die technische Seite dem Einfluss des Verbrauchers. Es ist daher vorzusehen, dass die Beweislast dem Lieferer auferlegt werden kann.”
Rz. 4
Art. 4 („Vorherige Unterrichtung”) dieser Richtlinie sieht vor:
„(1) Der Verbraucher muss rechtzeitig vor Abschluss eines Vertrags im Fernabsatz über ...