Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch eine Gemeinde
Leitsatz (redaktionell)
Bei dem Verfahren ging es um die Auslegung von Artikel 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der 6. EG-Richtlinie (Unternehmereigenschaft von Einrichtungen des öffentlichen Rechts) für den Fall, daß eine Gemeinde ein Gebäude an einen Unternehmer vermietet und bezüglich dieser Leistung für Zwecke des Vorsteuerabzugs zur Steuerpflicht optieren möchte.
Der EuGH hat entschieden, daß Artikel 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der 6. EG-Richtlinie es den Mitgliedstaaten gestattet, die in Artikel 13 der 6. EG-Richtlinie aufgezählten steuerfreien Tätigkeiten als hoheitliche – nicht steuerbare – Tätigkeiten zu behandeln, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Dies gilt nach der Entscheidung auch dann, wenn die Tätigkeit der Einrichtung des öffentlichen Rechts wie die eines privaten Wirtschaftsteilnehmers ausgeübt wird. Das Urteil scheint die Bestimmung in § 2 Abs. 3 UStG zu bestätigen.
Beteiligte
Gründe
Urteil Des Gerichtshofes
(Sechste Kammer)
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Vermietung und Verpachtung von Grundstücken – Öffentliche Gewalt”
In der Rechtssache C-247/95
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Bundesfinanzhof (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Finanzamt Augsburg Stadt
gegen
Marktgemeinde Welden
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 4 Absätze 1, 2 und 5 sowie des Artikels 13 Teile B und C der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG, ABI. L 145, S. 1)
erläßt
Der Gerichtshof
(Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. F. Mancini, der Richter J. L. Murray, C N. Kakouris, P. J. G. Kapteyn und H. Ragnemalm (Berichterstatter),
Generalanwalt: A. La Pergola
Kanzler: R. Grass
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
des Finanzamts Augsburg-Stadt, vertreten durch den Amtsvorsteher Alto Schwarz, Leitender Regierungsdirektor, als Bevollmächtigten,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater Jürgen Grunwald als Bevollmächtigten,
anfgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Oktober 1996,
folgendes
Urteil
1 Der Bundesfinanzhof hat mit BeschIuß vom 21. März 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juli 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung des Artikels 4 Absätze 1, 2 und 5 sowie des Artikels 13 Teile B und C der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpfichtige Bemessungsgrundlage (77/388/EWG, ABl. L 145, S. 1; nachstehend; Sechste RichtIinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Finanzamt Augsburg Stadt und der Marktgemeinde Welden, einer deutschen Gemeinde (nachstehend: Gemeinde), über deren Eigenschaft als Steuerpflichtige.
3 Artikel 4 der Sechsten Richtlinie definiert den Begriff des Steuerpflichtigen. In bezug auf Einrichtungen des Öffentlichen Rechts wird in Absatz 5 bestimmt:
„Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts geIten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.
Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Die vorstehend genannten Einrichtungen gelten in jedem FalI als Steuerpflichtige in bezug auf die in Anhang D aufgeführten Tätigkeiten, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.
Die Mitgliedstaaten können die Tätigkeiten der vorstehend genannten Einrichtungen, die nach Artikel 13 oder 28 von der Steuer befreit sind, als Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.”
4 Artikel 13 der Sechsten Richtlinie sieht vor, daß bestimmte Tätigkeiten oder Leistungen von der Steuer befreit werden. Zu diesen gehört nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme bestimmter Geschäfte, um die es in der vorliegenden Rechtssache nicht geht.
5 Artikel 13 Teil C der Sechsten RichtIinie bestimmt jedoch, daß die Mitgliedstaaten ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen können, bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken für eine Besteuerung zu optieren.
6 Nach § 4 Nummer 12 des de...