Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Dienstleistungen eines Tierarztes
Leitsatz (redaktionell)
In dem Verfahren ging es um die Frage, nach welcher Norm des Artikels 9 der 6. EG-Richtlinie sich der Ort tierärztlicher Leistungen bestimmt. Im Streitfall hatte eine tierärztliche Praxisgesellschaft, die ihren Sitz in den Niederlanden hat, tierärztliche Dienstleistungen (keine Lieferungen von Arzneimitteln) gegenüber Unternehmern erbracht, die in Belgien ansässig sind. Während die niederländische Finanzverwaltung den Ort dieser Dienstleistungen nach dem Sitz des Unternehmens bestimmte, vertrat die Klägerin die Auffassung, sie habe Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen ausgeführt, und der Ort der Leistung bestimme sich demnach gemäß Artikel 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie, also danach, wo sie tatsächlich tätig geworden sei.
Nach dem Urteil bestimmt sich der Ort gewöhnlicher Tierarztleistungen nach Artikel 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie, also nach dem Sitz bzw. einer Betriebsstätte des Unternehmens. Das Urteil entspricht der deutschen Rechtsauffassung.
Beteiligte
Maatschap M. J. M. Linthorst |
Inspecteur der Belastingdienst/Ondernemingen Roermond |
Gründe
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
6. März 1997
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Artikel 9 – Dienstleistungen der Tierärzte”
In der Rechtssache C-167/95
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Gerechtshof 's-Hertogenbosch (Niederlande) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Maatschap M. J. M. Linthorst, K. G. P. Pouwels und J. Scheres c. s.
gegen
Inspecteur der Belastingsdienst/Ondernemingen Roermond
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 9 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABI. L 145, S. 1)
erläßt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. F. Mancini, der Richter J. L. Murray, C. N. Kakouris (Berichterstatter), P. J. G. Kapteyn und G. Hirsch
Generalanwalt: N. Fennelly
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der Maatschap M. J. M. Linthorst, K. G. P. Pouwels und J. Scheres c. s., vertreten durch Steuerberater R. M. Vermeulen,
der niederländischen Regierung, vertreten durch A. Bos, Rechtsberater im Außenministerium, als Bevollmächtigten,
der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat E. Röder, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigten,
der italienischen Regierung, vertreten durch U. Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso diplomatico des Außenministeriums, als Bevollmächtigten, im Beistand von Avvocato dello Stato M. Fiorilli,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. J. Drijber, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der niederländischen Regierung, vertreten durch J. S. van den Oosterkamp, beigeordneter Rechtsberater im Außenministerium, als Bevollmächtigten, der italienischen Regierung, vertreten durch M. Fiorilli, und der Kommission, vertreten durch B. J. Drijber, in der Sitzung vom 24. Oktober 1996,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. November 1996,
folgendes
Urteil
1 Der Gerechtshof 's-Hertogenbosch hat mit Beschluß vom 18. Mai 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Mai 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung des Artikels 9 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Firma M. J. M. Linthorst, K. G. P. Pouwels und J. Scheres c. s. (Firma Linthorst) mit Sitz in Ell (Niederlande) und den niederländischen Steuerbehörden wegen der Zahlung der Mehrwertsteuer für Leistungen, die diese Firma außerhalb der Niederlande erbracht hat.
3 Aus den Akten des Ausgangsverfahrens ergibt sich, daß die Firma Linthorst, deren Gesellschafter alle Tierärzte sind, eine Praxis für allgemeine Tierheilkunde betreibt. Im Februar 1994 stellte die Firma Linthorst in Belgien niedergelassenen Unternehmern (Viehmästern) für erbrachte tierärztliche Leistungen insgesamt5 110 HFL in Rechnung. Diese Dienstleistungen, die keine Lieferung von Medikamenten umfaßten, wurden an in Belgien befindlichen Tieren vorgenommen. Die belgischen Viehmäster, die Empfänger der fraglichen Dienstleistungen, haben keine feste Niederlassung außerhalb Belgiens.
4 Die Firma Linthorst schloß in ihre bei den niederländischen Steuerbehörden abgegebene Mehrwertsteuererklärung über einen Gesamtbetrag von 32 027 HFL für den fraglichen Z...