Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Erwerbseinkünften und Gewinnen, unterschiedliche Behandlung von Inländern und Ausländern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 56 EG und Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 verstoßen, dass es von Gebietsansässigen in Spanien erzielte Gewinne bis zum 31. Dezember 2006 anders behandelt hat als die von Gebietsfremden dort erzielten Gewinne.

2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten.

 

Normenkette

EGVtr Art. 56; EWR-Abkommen Art. 40

 

Beteiligte

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Königreich Spanien

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Art. 56 EG und 40 des EWR-Abkommens ‐ Direkte Besteuerung ‐ Natürliche Personen ‐ Besteuerung von Gewinnen ‐ Unterschiedliche Behandlung von Gebietsansässigen und Gebietsfremden“

In der Rechtssache C-562/07

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 19. Dezember 2007,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und I. Martínez del Peral als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Spanien, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

unterstützt durch

Königreich Belgien, vertreten durch T. Materne als Bevollmächtigten,

Republik Lettland, vertreten durch E. Balode-Buraka als Bevollmächtigte,

Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl und C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Fünften Kammer M. Ilešič in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter A. Tizzano, A. Borg Barthet, E. Levits und J.-J. Kasel (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 39 EG und 56 EG und den Art. 28 und 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass es von Gebietsansässigen in Spanien erzielte Gewinne bis zum 31. Dezember 2006 anders behandelt hat als die von Gebietsfremden dort erzielten Gewinne.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

In Spanien unterlag die Besteuerung der Einkommen von Gebietsansässigen bis zum 31. Dezember 2006 dem Texto Refundido de la Ley del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas (konsolidierte Fassung des Gesetzes über die Steuer auf das Einkommen natürlicher Personen), der durch den Real Decreto Legislativo 3/2004 vom 5. März 2004 (BOE Nr. 60 vom 10. März 2004, S. 10670, berichtigt in BOE Nr. 61 vom 11. März 2004, S. 11014, im Folgenden: TRLIRPF) erlassen worden war. Nach den Art. 67 und 77 TRLIRPF galt für die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Vermögensbestandteilen, die länger als ein Jahr im Besitz des Steuerpflichtigen waren, ein Pauschalsatz von 15 %. Für die Besteuerung der anderen Gewinne war in den Art. 64 und 75 TRLIRPF ein progressiver Tarif mit Sätzen zwischen 15 % und 45 % vorgesehen.

Rz. 3

Bis zum gleichen Zeitpunkt galt für die Besteuerung der Einkommen von Gebietsfremden der Texto Refundido de la Ley del Impuesto sobre la Renta de no Residentes (konsolidierte Fassung des Gesetzes über die Steuer auf das Einkommen Gebietsfremder), der durch den Real Decreto Legislativo 5/2004 vom 5. März 2004 (BOE Nr. 62 vom 12. März 2004, S. 11176, im Folgenden: TRLIRNR) erlassen worden war und nach dessen Art. 25 Abs. 1 Buchst. f die Gewinne einem Pauschalsteuersatz von 35 % unterlagen.

Rz. 4

Nach Art. 46 TRLIRNR konnten sich Gebietsfremde, die mindestens 75 % ihrer Gesamteinkünfte eines Steuerjahrs aus einer Arbeit oder wirtschaftlichen Tätigkeit in Spanien erzielten, wahlweise wie einkommensteuerpflichtige Personen besteuern lassen. Art. 46 Abs. 3 sah die Berücksichtigung der persönlichen und familiären Verhältnisse dieser Arbeitnehmer vor.

Rz. 5

Diese Regelung wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2007 an mit Inkrafttreten der Ley 35/2006 del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas y de modificación parcial de las leyes de los Impuestos sobre Sociedades, sobre la Renta de no Residentes y sobre el Patrimonio (Gesetz 35/2006 über die Steuer auf das Einkommen natürlicher Personen und zur teilweisen Änderung der Gesetze über die Körperschaftsteuer, die Steuer auf das Einkommen Gebietsfremder und die Vermögensteuer, BOE Nr. 285 vom 29. November 2006, S. 41734, berichtigt in BOE Nr. 57 vom 7. März 2007, S. 9634) aufgehoben.

Vorverfahren

Rz. 6

Mit Mahnschreiben vom 18. Oktober 2004 wies die Kommission das Königreich Spanien darauf hin, dass nach ihrer Ansicht die damalige steuerliche Behandlu...

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