Entscheidungsstichwort (Thema)
Energieerzeugnisse zur Stromerzeugung, Steuerbefreiung, Steuerermäßigung, Erdgas zur Kraft-Wärme-Kopplung
Leitsatz (amtlich)
Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene obligatorische Befreiung auf bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse anwendbar ist, die im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c dieser Richtlinie für die Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden.
Normenkette
EGRL 96/2003 Art. 14 Abs. 1 Buchst. a
Beteiligte
Ministre de l Économie et des Finances |
Verfahrensgang
Conseil d'Etat (Frankreich) (Beschluss vom 18.01.2017; Abl.EU 2017, Nr. C 112/21) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Richtlinie 2003/96/EG ‐ Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ‐ Art. 14 Abs. 1 Buchst. a ‐ Energieerzeugnisse, die bei der Stromerzeugung verwendet werden ‐ Verpflichtung zur Steuerbefreiung ‐ Art. 15 Abs. 1 Buchst. c ‐ Energieerzeugnisse, die für die Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden ‐ Möglichkeit der Steuerbefreiung oder der Steuerermäßigung ‐ Erdgas, das für die Kraft-Wärme-Kopplung bestimmt ist“
In der Rechtssache C-31/17
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) mit Entscheidung vom 18. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Januar 2017, in dem Verfahren
Cristal Union, Rechtsnachfolgerin der Sucrerie de Toury SA,
gegen
Ministre de l’Économie et des Finances
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev und E. Regan (Berichterstatter),
Generalanwalt: E. Tanchev,
Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Cristal Union als Rechtsnachfolgerin der Sucrerie de Toury SA, vertreten durch C. Lesourd und J.-M. Priol, avocats,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, E. de Moustier, S. Ghiandoni und A. Alidière als Bevollmächtigte,
‐ der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Perrin und F. Tomat als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Februar 2018
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a und Art. 15 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. 2003, L 283, S. 51).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Cristal Union als Rechtsnachfolgerin der Sucrerie de Toury SA und dem Ministre de l’Économie et des Finances (Minister für Wirtschaft und Finanzen) wegen der Besteuerung von Erdgas, das in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage ‐ also zur kombinierten Erzeugung von Wärme und Strom ‐ verwendet wird.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 2 bis 7, 11, 12, 24 und 25 der Richtlinie 2003/96 lauten:
„(2) Das Fehlen von Gemeinschaftsbestimmungen über eine Mindestbesteuerung für elektrischen Strom und Energieerzeugnisse mit Ausnahme der Mineralöle kann dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes abträglich sein.
(3) Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.
(4) Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.
(5) Durch die Festsetzung angemessener gemeinschaftlicher Mindeststeuerbeträge lassen sich die derzeit bestehenden Unterschiede bei den nationalen Steuersätzen möglicherweise verringern.
(6) Nach Artikel 6 des [EG-]Vertrags müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der anderen Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden.
(7) Die Gemeinschaft hat als Unterzeichner des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen das Protokoll von Kyoto ratifiziert. Die Besteuerung der Energieerzeugnisse ‐ und, gegebenenfalls, des elektrischen Stroms ‐ ist eines der Instrumente, die zur Verfügung stehen, um die Ziele des Protokolls von Kyoto zu erreichen.
…
(11) Es ist Sache des einzelnen Mitgliedstaats zu entscheiden, durch welche steuerlichen Maßnahmen er diesen gemeinschaftlichen Rahmen zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und von elektrischem Strom umsetzen will. Die Mitglied...