Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung. Versicherungsumsatz. Begriff Versicherungsumsatz. Lieferung von Weiterverkauf von Unfallfahrzeugwracks. Unfallfahrzeugwracks. Weiterverkauf von Fahrzeugwracks durch ein Versicherungsunternehmen. Steuerbefreiung für Lieferungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossener Gegenstände

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 135 Abs. 1 Buchst. a, Art. 136 Buchst. a

 

Beteiligte

Generali Seguros

Generali Seguros SA, vormals Global – Companhia de Seguros SA

Autoridade Tributária e Aduaneira

 

Verfahrensgang

Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) (Beschluss vom 16.12.2021; ABl. EU 2022 Nr. C 171/17)

 

Tenor

1. Art. 135 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem

ist dahin auszulegen, dass

Umsätze, die darin bestehen, dass ein Versicherungsunternehmen Unfallfahrzeugwracks aus von ihm versicherten Schadensfällen, die es von seinen Versicherten erworben hat, an Dritte verkauft, nicht in den Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen.

2. Art. 136 Buchst. a der Richtlinie 2006/112

ist dahin auszulegen, dass

Umsätze, die darin bestehen, dass ein Versicherungsunternehmen Unfallfahrzeugwracks aus von ihm versicherten Schadensfällen, die es von seinen Versicherten erworben hat, an Dritte verkauft, nicht in den Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen.

3. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht,

ist dahin auszulegen, dass

es ihm nicht zuwiderläuft, dass Umsätze, die darin bestehen, dass ein Versicherungsunternehmen Unfallfahrzeugwracks aus von ihm versicherten Schadensfällen, die es von seinen Versicherten erworben hat, an Dritte verkauft, nicht von der Steuer befreit sind, wenn diese Erwerbe nicht zu einem Recht auf Vorsteuerabzug geführt haben.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht, Portugal) mit Entscheidung vom 16. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Januar 2022, in dem Verfahren

Generali Seguros SA, vormals Global – Companhia de Seguros SA,

gegen

Autoridade Tributária e Aduaneira

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi, des Richters J.-C. Bonichot und der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Generali Seguros SA, vertreten durch P. Braz, Advogado,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch P. Barros da Costa, C. Bento, R. Campos Laires und A. Rodrigues als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Caro de Sousa und J. Jokubauskaite als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Generali Seguros SA, vormals Global – Companhia de Seguros SA, einem Versicherungsunternehmen, und der Autoridade Tributária e Aduaneira (Steuer- und Zollbehörde, Portugal) über die Frage, ob durch dieses Unternehmen bewirkte Umsätze aus dem Weiterverkauf von Fahrzeugwracks mehrwertsteuerpflichtig oder -befreit sind.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der 66. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Die Pflicht zur Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht sollte nur jene Bestimmungen erfassen, die im Vergleich zu den bisherigen Richtlinien inhaltlich geändert wurden. Die Pflicht zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus den bisherigen Richtlinien.”

Rz. 4

Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, dass auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.

…”

Rz. 5

Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

a) Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt”.

Rz. 6

Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Als ‚Lieferung von Gegenständen’ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ...

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