Entscheidungsstichwort (Thema)
Einfuhrumsatzsteuer, Einfuhr durch Beendigung eines Zollverfahrens, Entziehung einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung, vorschriftswidrige Beendigung eines externen Versandverfahrens, Ort der Einfuhr
Leitsatz (amtlich)
1. Werden bestimmte nach der Zollregelung des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens auf der Straße beförderte Waren durch mehrere im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten vorgenommene vorschriftswidrige Handlungen in den Gemeinschaftsmarkt verbracht, so unterliegen die Waren im Sinne des Artikels 7 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer diesem Verfahren im Gebiet desjenigen Mitgliedstaats nicht mehr, in dem die erste Handlung vorgenommen wird, die so qualifiziert werden kann, dass damit die Waren der zollamtlichen Überwachung entzogen werden.
Der zollamtlichen Überwachung entzogen werden Waren durch jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird.
2. Für die Entziehung einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung ist es nicht erforderlich, dass ein subjektives Element vorliegt, sondern es müssen nur objektive Voraussetzungen erfüllt sein.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 7 Abs. 3
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Tatbestand
Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Einfuhr einer Ware dadurch, dass sie nicht mehr einem Zollverfahren unterliegt - Beförderung auf der Straße im TIR-Verfahren oder im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren - Wechsel der Zugmaschine - Entladen des Anhängers mit Bruch der Verschlüsse - Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung
In der Rechtssache C-371/99
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Liberexim BV
gegen
Staatssecretaris van Financiën
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 7 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer (ABl. L 384, S. 47)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter D. A. O. Edward und A. La Pergola (Berichterstatter),
Generalanwalt: J. Mischo
Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der Liberexim BV, vertreten durch R. G. A. Tusveld und G. J. van Slooten, belastingadviseurs,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. Fiersta als Bevollmächtigten,
- der italienischen Regierung, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand von I. M. Braguglia, avvocato dello Stato,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. C. Schieferer als Bevollmächtigten im Beistand von J. Stuyck, advocaat,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Magrill als Bevollmächtigte im Beistand von M. Hall, Barrister, und der Kommission, vertreten durch J. C. Schieferer im Beistand von J. Stuyck, in der Sitzung vom 13. September 2001,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. November 2001,
folgendes
Urteil
1. Der Hoge Raad der Nederlanden hat mit Urteil vom 23. Juni 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Oktober 1999, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 7 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer (ABl. L 384, S. 47) (nachfolgend: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Gesellschaf...