Entscheidungsstichwort (Thema)
Transport lebender Rinder, Schutz von Tieren beim Transport, keine Ausfuhrerstattung bei Verletzung von Schutzpflichten
Leitsatz (amtlich)
1. Die zuständige Behörde kann ungeachtet der vom Ausführer gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport vorgelegten Unterlagen nach Art. 5 Abs. 3 dieser Verordnung zu dem Schluss gelangen, dass die Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19. November 1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG in der durch die Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29. Juni 1995 geänderten Fassung nicht eingehalten worden ist. Zu diesem Ergebnis kann die zuständige Behörde jedoch nur auf der Grundlage der in Art. 5 der Verordnung Nr. 615/98 genannten Unterlagen, der Kontrollberichte nach Art. 4 dieser Verordnung über die Gesundheit der Tiere oder sonstiger, das Wohlbefinden der Tiere betreffender objektiver Umstände kommen, die die vom Ausführer vorgelegten Unterlagen in Frage stellen; dieser hat gegebenenfalls nachzuweisen, inwiefern die Umstände, die die zuständige Behörde für ihre Feststellung der Nichteinhaltung der Richtlinie 91/628 in der durch die Richtlinie 95/29 geänderten Fassung anführt, nicht erheblich sind.
2. Die zuständige Behörde kann nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 615/98 die Ausfuhrerstattung wegen der Nichteinhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 91/628 in der durch die Richtlinie 95/29 geänderten Fassung betreffend die Gesundheit der Tiere versagen, auch wenn es keine Anzeichen dafür gibt, dass das Wohlbefinden der beförderten Tiere konkret beeinträchtigt worden ist.
Normenkette
EGV 615/98 Art. 5 Abs. 3, 2; EWGRL 628/91
Beteiligte
Viamex Agrar Handels GmbH |
Hauptzollamt Hamburg-Jonas |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Verordnung (EG) Nr. 615/98 ‐ Richtlinie 91/628/EWG ‐ Ausfuhrerstattungen ‐ Ablehnung ‐ Nichtbeachtung der Richtlinie 91/628/EWG ‐ Beeinträchtigtes Wohlbefinden der Tiere ‐ Beweislast ‐ Fehlen von Beweisen“
In der Rechtssache C-96/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 23. Januar 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2006, in dem Verfahren
Viamex Agrar Handels GmbH
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Jonas
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. N. Cunha Rodrigues, J. Klŭcka (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Viamex Agrar Handels GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt W. Schedl,
‐ des Hauptzollamts Hamburg-Jonas, vertreten durch G. Seber als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. November 2007
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 der Kommission vom 18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABl. L 82, S. 19).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Viamex Agrar Handels GmbH (im Folgenden: Viamex) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas über Erstattungen für die Ausfuhr lebender Rinder in den Libanon.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung Nr. 615/98
3
Nach Art. 13 Abs. 9 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L 148, S. 24) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2634/97 des Rates vom 18. Dezember 1997 (ABl. L 356, S. 13) geänderten Fassung setzt die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von lebenden Tieren die Einhaltung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zum Wohlbefinden der Tiere, insbesondere zum Schutz der Tiere während des Transports, voraus.
4
Die Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 805/68 in der durch die Verordnung Nr. 2634/97 geänderten Fassung wurden in der Verordnung Nr. 615/98 festgelegt.
5
Nach Art. 1 der Verordnung Nr. 615/98 setzt die Zahlung der Ausfuhrerstattungen für lebende Rinder voraus, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19. November 1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG (ABl. L 340, S. 17) in der durch die Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29. Juni 1995 (ABl. L 148, S. 52) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 91/628) und die Verordnung ...