Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkte Steuerpflicht, gemeinnützige Stiftung, Vermietungseinkünfte im Inland, Steuerbefreiung, Verbot der Ungleichbehandlung im Vergleich zu Inlandsansässigen, Deutschland
Leitsatz (amtlich)
Artikel 73b EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 73d EG-Vertrag ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat, der Vermietungseinkünfte, die als gemeinnützig anerkannte grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtige Stiftungen im Inland erzielen, von der Körperschaftsteuer befreit, wenn diese Stiftungen in diesem Staat niedergelassen sind, die gleiche Befreiung für entsprechende Einkünfte aber einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung des privaten Rechts, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, verweigert, weil diese im Inland nur beschränkt steuerpflichtig ist.
Normenkette
EGVtr Art. 73b, 73d
Beteiligte
Centro di Musicologia Walter Stauffer |
Centro di Musicologia Walter Stauffer |
Finanzamt München für Körperschaften |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Freier Kapitalverkehr ‐ Körperschaftsteuer ‐ Steuerbefreiung von Vermietungseinkünften ‐ Wohnsitzvoraussetzung ‐ Als gemeinnützig anerkannte privatrechtliche Stiftung“
In der Rechtssache C-386/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Beschluss vom 14. Juli 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 8. September 2004, in dem Verfahren
Centro di Musicologia Walter Stauffer
gegen
Finanzamt München für Körperschaften
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovský, S. von Bahr, A. Borg Barthet und U. Lõhmus (Berichterstatter),
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen:
‐ des Centro di Musicologia Walter Stauffer, vertreten durch O. Thömmes, Rechtsanwalt,
‐ des Finanzamts München für Körperschaften, vertreten durch C. Anneser und K. Schmid als Bevollmächtigte,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch A. Tiemann und U. Forsthoff als Bevollmächtigte,
‐ Irlands, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten, sowie D. Moloney, BL, und K. Maguire, BL,
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten, im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. White als Bevollmächtigte, im Beistand von R. Hill, Barrister,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Gross und R. Lyal als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Dezember 2005
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG), 58 EG-Vertrag (jetzt Artikel 48 EG), Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG), 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) und 73b EG-Vertrag (jetzt Artikel 56 EG).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Centro di Musicologia Walter Stauffer, einer Stiftung italienischen Rechts (im Folgenden: Stiftung), und dem Finanzamt München für Körperschaften (im Folgenden: Finanzamt) über die Unterwerfung bestimmter Einkünfte unter die Körperschaftsteuer für das Jahr 1997.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
In Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages [aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam] (ABl. L 178, S. 5), der die Überschrift „Nomenklatur für den Kapitalverkehr gemäß Artikel 1 der Richtlinie“ trägt, heißt es in der Einleitung:
„In dieser Nomenklatur werden die Kapitalbewegungen nach der ökonomischen Natur der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, ausgedrückt in Landeswährung oder in Fremdwährungen, gegliedert.
Der in dieser Nomenklatur genannte Kapitalverkehr umfasst;
‐ alle für die Durchführung des Kapitalverkehrs erforderlichen Geschäfte: Abschluss und Ausführung der Transaktion und damit zusammenhängende Transferzahlungen. Die Transaktion erfolgt im Allgemeinen zwischen Gebietsansässigen verschiedener Mitgliedstaaten; es kommt jedoch vor, dass bestimmte Kapitalbewegungen von einer einzigen Person für eigene Rechnung getätigt werden (beispielsweise Vermögenstransfers von Auswanderern);
‐ die von natürlichen oder juristischen Personen getätigten Geschäfte …;
‐ den Zugang des Marktteilnehmers zu allen Finanzverfahren, die auf dem für die Durchführung des Geschäfts in Anspruch genommenen Markt zur Verfügung stehen. Beispielsweise umfasst der Begriff des Erwerbs von Wertpapieren und anderen Finanzinstrumenten nicht nur die Kassageschäfte, sondern alle zur Verfügung stehenden Geschäftsformen, wie Termingeschäfte, Optionsgeschäfte oder Geschäfte mit Optionsscheinen, Tauschgeschäfte gegen andere Vermögenswerte usw. …;
‐ die Liquidation od...