Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Energieerzeugnissen, Steuerfreiheit von zur Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse, Gasöl
Leitsatz (amtlich)
Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom entfaltet insoweit unmittelbare Wirkung, als er für bei der Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse eine Befreiung von der nach dieser Richtlinie vorgesehenen Besteuerung vorsieht, so dass sich ein Einzelner vor den nationalen Gerichten ‐ für einen Zeitraum, in dem der betreffende Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht fristgerecht in sein innerstaatliches Recht umgesetzt hat ‐ in einem Rechtsstreit mit den Zollbehörden dieses Staates wie dem des Ausgangsverfahrens unmittelbar auf diese Bestimmung berufen kann, damit eine mit ihr unvereinbare nationale Regelung unangewandt bleibt und er mithin die Erstattung einer unter Verstoß gegen diese Bestimmung erhobenen Steuer erwirken kann.
Normenkette
EGRL 96/2003 Art. 14 Abs. 1
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
„Richtlinie 2003/96/EG ‐ Gemeinschaftliche Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ‐ Art. 14 Abs. 1 Buchst. a ‐ Steuerfreiheit von zur Stromerzeugung verwendeten Energieerzeugnissen ‐ Besteuerungsmöglichkeit aus umweltpolitischen Gründen ‐ Unmittelbare Wirkung der Steuerbefreiung“
In der Rechtssache C-226/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 27. April 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Mai 2007, in dem Verfahren
Flughafen Köln/Bonn GmbH
gegen
Hauptzollamt Köln
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, J. Klŭcka, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Flughafen Köln/Bonn GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte D. Schiebold und A. Richter,
‐ des Hauptzollamts Köln, vertreten durch Oberregierungsrat O. Meyer und K. Deutschmann als Bevollmächtigte,
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Mölls als Bevollmächtigten,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Flughafen Köln/Bonn GmbH gegen das Hauptzollamt Köln über dessen Ablehnung, die von der Ersteren im Jahr 2004 gezahlte Steuer auf für die Erzeugung von elektrischem Strom verwendetes Gasöl zu erstatten.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Die Erwägungsgründe 1 bis 6 der Richtlinie 2003/96 lauten:
„(1) Der Geltungsbereich der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle [(ABl. L 316, S. 12) in der durch die Richtlinie 94/74/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABl. L 365, S. 46) geänderten Fassung] und der Richtlinie 92/82/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuersätze für Mineralöle [(ABl. L 316, S. 19) in der durch die Richtlinie 94/74 geänderten Fassung] ist auf die Mineralölerzeugnisse beschränkt.
(2) Das Fehlen von Gemeinschaftsbestimmungen über eine Mindestbesteuerung für elektrischen Strom und Energieerzeugnisse mit Ausnahme der Mineralöle kann dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes abträglich sein.
(3) Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.
(4) Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.
(5) Durch die Festsetzung angemessener gemeinschaftlicher Mindeststeuerbeträge lassen sich die derzeit bestehenden Unterschiede bei den nationalen Steuersätzen möglicherweise verringern.
(6) Nach Artikel 6 des [EG-]Vertrags müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durch...