Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalansammlung, Begriff der Einlagen, Ausgabe von Genussscheinen, Gesellschaftsteuer bei Kapitalerhöhung durch Ausgabe von Genussscheinen, Zuschüsse durch Muttergesellschaft des neuen Gesellschafters
Leitsatz (amtlich)
Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass der Gesellschaftsteuer finanzielle Beiträge unterliegen, die eine Muttergesellschaft an eine Kapitalgesellschaft, die ihr Gesellschaftsvermögen durch Ausgabe von Genussscheinen erhöht, leistet, damit diese Genussscheine von einer Tochtergesellschaft der genannten Muttergesellschaft erworben werden können.
Normenkette
EWGRL 335/69 Art. 4 Abs. 1 Buchst. d
Beteiligte
Develop Baudurchführungs- und Stadtentwicklungs GmbH |
Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland |
Verfahrensgang
Tatbestand
Richtlinie 69/335/EWG - Indirekte Steuern auf die Ansammlung von Kapital - Gesellschaftsteuer - Einlagen jeder Art - Begriff - Von der Muttergesellschaft einer Gesellschaft, die von einer Kapitalgesellschaft ausgegebene Genussscheine erworben hat, gezahlte finanzielle Beiträge
In der Rechtssache C-71/00
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Develop Baudurchführungs- und Stadtentwicklungs GmbH
gegen
Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet sowie der Richter R. Schintgen (Berichterstatter) und C. Gulmann, der Richterin F. Macken und des Richters J. N. Cunha Rodrigues,
Generalanwalt: A. Tizzano
Kanzler: R. Grass
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der Develop Baudurchführungs- und Stadtentwicklungs GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte P. Kisler und K. Pistotnik,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Fierstra als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und K. Gross als Bevollmächtigte,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Februar 2002,
folgendes
Urteil
1.
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 17. Februar 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 2. März 2000, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21, und ABl. 1995, L 1, S. 1) ( nachstehend: Richtlinie 69/335) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Develop Baudurchführungs- und Stadtentwicklungs GmbH (nachstehend: Develop) und der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (nachstehend: Finanzlandesdirektion) wegen der Erhebung der Gesellschaftsteuer auf bei der Ausgabe von Genussscheinen zugunsten der Develop gezahlte finanzielle Beiträge.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3.
Die Richtlinie 69/335 dient nach ihrer ersten Begründungserwägung der Förderung des freien Kapitalverkehrs, der als eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Schaffung einer Wirtschaftsunion mit ähnlichen Eigenschaften wie ein Binnenmarkt angesehen wird.
4.
Nach der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie 69/335 setzt die Verfolgung dieses Zieles hinsichtlich der Steuern auf die Ansammlung von Kapital voraus, dass die in den Mitgliedstaaten bis dahin geltenden indirekten Steuern aufgehoben und durch eine innerhalb des Gemeinsamen Marktes nur einmal und in allen Mitgliedstaaten in gleicher Höhe erhobene Steuer ersetzt werden.
5.
In Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 69/335 heißt es:
Der Gesellschaftsteuer unterliegen die nachstehenden Vorgänge:
…
c) die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellsc...