Entscheidungsstichwort (Thema)

Mindestkörperschaftsteuer, Kapitalansammlung

 

Leitsatz (amtlich)

Artikel 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 untersagt es nicht, von Kapitalgesellschaften, die sich im Konkurs oder in Liquidation befinden und die über kein Einkommen oder über ein nicht über einen bestimmten Betrag hinausgehendes Jahreseinkommen verfügen, eine Mindeststeuer wie diejenige des Ausgangsverfahrens zu erheben, die für jedes Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht dieser Gesellschaften zu entrichten ist.

 

Normenkette

EWGRL 335/69 Art. 10

 

Beteiligte

Schmid H

Herta Schmid

Finanzlandesdirektion für Wien, Niederouml;sterreich und Burgenland

 

Verfahrensgang

VwGH Wien (Österreich)

 

Tatbestand

Richtlinie 69/335/EWG - Indirekte Steuern auf die Ansammlung von Kapital - Mindestkörperschaftsteuer

In der Rechtssache C-113/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Herta Schmid, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P. P. Handels GmbH in Liquidation,

gegen

Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 (ABl. L 156, S. 23)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten V. Skouris, des Richters R. Schintgen (Berichterstatter) und der Richterin N. Colneric,

Generalanwalt: N. Fennelly

Kanzler: R. Grass

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

-der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, vertreten durch K. Opl als Bevollmächtigten,

-der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Stix-Hackl als Bevollmächtigte,

-der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und A. de Seiça Neves als Bevollmächtigte,

-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Michard und A. Buschmann als Bevollmächtigte,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. September 2000,

folgendes

Urteil

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 17. März 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 6. April 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung von Artikel 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25) in der Fassung der Richtlinie 85/303/EWG des Rates vom 10. Juni1985 (ABl. L 156, S. 23; im Folgenden: Richtlinie 69/335) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Rechtsanwältin Schmid (Beschwerdeführerin) als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P. P. Handels GmbH und der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (im Folgenden: Finanzlandesdirektion) über die Zahlung der Mindestkörperschaftsteuer.

Gemeinschaftsrecht

3. Nach der ersten Begründungserwägung der Richtlinie 69/335 dient diese der Förderung eines freien Kapitalverkehrs, der als eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Schaffung einer Wirtschaftsunion mit ähnlichen Eigenschaften wie ein Binnenmarkt angesehen wird.

4. Nach der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie 69/335 setzt die Verfolgung dieses Zieles hinsichtlich der Steuern auf die Ansammlung von Kapital voraus, dass die in den Mitgliedstaaten bisher geltenden indirekten Steuern aufgehoben und durch eine innerhalb des Gemeinsamen Marktes nur einmal und in allen Mitgliedstaaten in gleicher Höhe erhobene Steuer ersetzt werden.

5. In Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 69/335 heißt es:

Der Gesellschaftsteuer unterliegen die nachstehenden Vorgänge:

a)die Gründung einer Kapitalgesellschaft;

b)die Umwandlung einer Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristischen Person, die keine Kapitalgesellschaft ist, in eine Kapitalgesellschaft;

c)die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art;

d)die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art, für die nicht Gesellschaftsrechte gewährt werden, die einen Anteil am Kapital oder am Gesellschaftsvermögen verkörpern, sondern Rechte, wie sie Gesellschaftern gewährt werden …

6. Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben e bis h der Richtlinie 69/335 unterliegt die Verlegung des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung oder des satzungsmäßigen Sitzes einer Kapitalgesellschaft von einem Drittland oder einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat ebenfalls der Gesellschaftsteuer.

7. Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 69/335 führt die Vorgänge auf,...

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