Entscheidungsstichwort (Thema)

Lkw-Transit, Ungarn, Assoziierungsabkommen EU-Türkei, Lkw-Steuer, Lkw mit Zulassung in der Türkei

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 4 des Beschlusses Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG‐Türkei vom 22. Dezember 1995 über die Durchführung der Endphase der Zollunion ist dahin auszulegen, dass eine Kraftfahrzeugsteuer wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die Halter von in der Türkei zugelassenen Lastkraftwagen, die das ungarische Hoheitsgebiet durchqueren, entrichten müssen, eine Abgabe mit gleicher Wirkung wie Zölle im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

 

Normenkette

Assoziierungsabkommen Türkei Art. 9; Beschluss Assoziierungsrat EU-Türkei Art. 4

 

Beteiligte

Istanbul Lojistik

Istanbul Lojistik Ltd

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatóság

 

Verfahrensgang

Szekszárdi Közigazgatási (Beschluss vom 18.01.2016; Abl.EU 2016, Nr. C 175/6)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei ‐ Art. 9 ‐ Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrats EG‐Türkei ‐ Art. 4, 5 und 7 ‐ Zollunion ‐ Straßentransport ‐ Kraftfahrzeugsteuer ‐ Besteuerung von in der Türkei zugelassenen Lastkraftwagen, die Ungarn im Transit durchfahren“

In der Rechtssache C-65/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Szegedi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Szeged, Ungarn) mit Entscheidung vom 18. Januar 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Februar 2016, in dem Verfahren

Istanbul Lojistik Ltd

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatóság

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Istanbul Lojistik Ltd, vertreten durch S. Habóczky, V. Weiss und A. Nagy, ügyvédek,

‐ der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Tátrai, E. E. Sebestyén, M. Z. Fehér und G. Koós als Bevollmächtigte,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von A. Collabolletta und G. Rocchitta, avvocati dello Stato,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Hottiaux, E. Georgieva und L. Havas als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. April 2017

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, das am 12. September 1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits sowie den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits unterzeichnet und durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt wurde (ABl. 1964, 217, S. 3685; im Folgenden: Assoziierungsabkommen EWG‐Türkei), der Art. 4, 5 und 7 des Beschlusses Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG‐Türkei vom 22. Dezember 1995 über die Durchführung der Endphase der Zollunion (ABl. 1996, L 35, S. 1, im Folgenden: Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrats), von Art. 3 Abs. 2 AEUV sowie von Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. 2009, L 300, S. 72).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Istanbul Lojistik Ltd, einem türkischen Transportunternehmen, und der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatóság (Rechtsbehelfsdirektion der nationalen Steuer- und Zollverwaltung, Ungarn) (im Folgenden: Steuerbehörde zweiter Instanz) wegen deren Entscheidung, auf einen Istanbul Lojistik gehörenden Lastkraftwagen eine Steuer zu erheben, die wegen des Überquerens der ungarischen Grenze geschuldet wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 9 des Assoziierungsabkommens EWG‐Türkei lautet:

„Die Vertragsparteien erkennen an, dass für den Anwendungsbereich des Abkommens unbeschadet der besonderen Bestimmungen, die möglicherweise auf Grund von Artikel 8 noch erlassen werden, dem in Artikel 7 des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft verankerten Grundsatz entsprechend jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist.“

Rz. 4

Das am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichnete und mit der Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 (ABl. 1972, L 293, S. 1) im Namen der Gemeinschaft geschlossene, gebilligte und bestätigte Zusatzprotokoll (im Folgenden: Zusatzprotokoll), das dem Assoziierungsabkommen EWG‐Türkei als Anhang beigefügt ist, ist nach seinem Art. 62 Bestandteil dieses Abkommens.

Rz. 5

Art. 42 des Zusatzprotokolls...

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