Entscheidungsstichwort (Thema)
Lieferung von Baugrundstücken, Grundstück mit zum Abriss vorgesehenem Gebäude, Steuerbefreiung
Leitsatz (amtlich)
Art. 13 Teil B Buchst. g in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass die Lieferung eines Grundstücks, auf dem noch ein altes Gebäude steht, das abgerissen werden muss, damit an seiner Stelle ein Neubau errichtet werden kann, und mit dessen vom Verkäufer übernommenen Abriss schon vor der Lieferung begonnen worden ist, nicht unter die in der ersten dieser beiden Bestimmungen vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer fällt. Solche aus Lieferung und Abriss bestehenden Umsätze bilden mehrwertsteuerlich einen einheitlichen Umsatz, der unabhängig davon, wie weit der Abriss des alten Gebäudes zum Zeitpunkt der tatsächlichen Lieferung des Grundstücks fortgeschritten ist, in seiner Gesamtheit nicht die Lieferung des vorhandenen Gebäudes und des dazugehörigen Grund und Bodens zum Gegenstand hat, sondern die Lieferung eines unbebauten Grundstücks.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. g, Art. 4 Abs. 3 Buchst. a
Beteiligte
Don Bosco Onroerend Goed BV |
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 03.10.2008; Abl.EU 2009, Nr. C69/16) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. g und Art. 4 Abs. 3 Buchst. a ‐ Lieferung eines Grundstücks, auf dem ein teilweise abgerissenes Gebäude steht, an dessen Stelle ein Neubau errichtet werden soll ‐ Befreiung von der Mehrwertsteuer“
In der Rechtssache C-461/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 3. Oktober 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Oktober 2008, in dem Verfahren
Don Bosco Onroerend Goed BV
gegen
Staatssecretaris van Financiën
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis, J. Malenovský und T. von Danwitz (Berichterstatter),
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Don Bosco Onroerend Goed BV, vertreten durch W. Ambergen, belastingadviseur,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. Noort sowie M. de Grave als Bevollmächtigte,
‐ von Irland, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von G. Clohessy, SC,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou, M. van Beek und W. Wils als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. g in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Don Bosco Onroerend Goed BV (im Folgenden: Don Bosco) und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen) wegen Befreiung von der Grunderwerbsteuer für den Erwerb einer Immobilie, die nach niederländischem Recht an die Mehrwertsteuerpflichtigkeit des betreffenden Umsatzes gebunden ist.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“.
Rz. 4
Art. 4 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten können auch solche Personen als Steuerpflichtige betrachten, die gelegentlich eine der in Absatz 2 genannten Tätigkeiten ausüben und insbesondere eine der folgenden Leistungen erbringen:
a) die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten der Anwendung dieses Kriteriums auf Umbauten von Gebäuden und den Begriff ‘dazugehöriger Grund und Boden’ festlegen.
Die Mitgliedstaaten können andere Kriterien als das des Erstbezugs bestimmen, z. B. den Zeitraum zwischen der Fertigstellung des Gebäudes und dem Zeitpunkt seiner ersten Lieferung, oder den Zeitpunkt zwischen dem Erstbezug und der späteren Lieferung, sofern diese Zeiträume fünf bzw. z...