Entscheidungsstichwort (Thema)
Überführung von Veredelungserzeugnissen, Anmeldung und Nachweis von Tatsachen, Ermittlung der Einfuhrabgabenschuld durch Überwachungszollstelle
Leitsatz (amtlich)
Artikel 187 Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften ist dahin auszulegen, dass die Abfertigungszollstellen dann, wenn ein Einführer nachgewiesen hat, dass es sich bei den eingeführten Waren um Veredelungserzeugnisse handelt, auf die gemäß Artikel 848 der Durchführungsverordnung die Rückwarenregelung gemäß Artikel 848 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 Anwendung finden kann, es ihm aber nicht möglich ist, sämtliche Angaben zu liefern, die für die Berechnung der gesetzlich geschuldeten Abgaben erforderlich sind, das in den Artikeln 611 Absatz 2 Buchstabe b und 613 der Verordnung Nr. 2454/93 vorgeschriebene Verfahren der Zusammenarbeit der Verwaltungen anzuwenden haben. Diese Behörden müssen sich daher mittels des Formblatts INF 1 an die Überwachungszollstelle wenden, damit diese ihnen den Betrag der gesetzlich geschuldeten Abgaben mitteilt.
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 187 Unterabs. 2
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
Freier Warenverkehr - Handelsverkehr mit Drittstaaten - Rückwarenregelung - Artikel 187 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 - Wiedereinfuhr von Veredelungserzeugnissen, die ursprünglich nach einer aktiven Veredelung ausgeführt worden waren - Ermittlung der gesetzlich geschuldeten Einfuhrabgaben - Beweislast für den auf den aktiven Veredelungsverkehr entfallenden Wertanteil in den wiedereingeführten Erzeugnissen
In der Rechtssache C-56/02
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom deutschen Bundesfinanzhof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
IHW Rebmann GmbH
gegen
Hauptzollamt Weiden
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 187 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Wathelet sowie der Richter P. Jann und A. Rosas (Berichterstatter),
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der IHW Rebmann GmbH, vertreten durch Steuerberater H. Glashoff,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. C. Schieferer und R. Tricot als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der IHW Rebmann GmbH und der Kommission in der Sitzung vom 23. Januar 2003,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Februar 2003
folgendes
Urteil
1.
Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 22. Januar 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Februar 2002, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 187 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der IHW Rebmann GmbH (im Folgenden: Rebmann) und dem Hauptzollamt Weiden über die Höhe der bei der Wiedereinfuhr von Veredelungserzeugnissen als Rückwaren in die Gemeinschaft geschuldeten Zölle.
Rechtlicher Rahmen
3.
Aktiver Veredelungsverkehr im Sinne des Artikels 114 des Zollkodex liegt vor, wenn Nichtgemeinschaftswaren, die zur Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft bestimmt sind, im Zollgebiet der Gemeinschaft einem oder mehreren Veredelungsvorgängen unterzogen werden. Aus den Veredelungsvorgängen entstehen die so genannten Veredelungserzeugnisse.
4.
Wer Veredelungsvorgänge durchführen möchte, muss eine Bewilligung beantragen. Die Zollbehörden setzen ihm eine Frist, innerhalb deren er die Veredelungserzeugnisse wiederausgeführt haben muss. Der Inhaber der Bewilligung kann die Veredelungserzeugnisse auch einer neuen zollrechtlichen Bestimmung zuführen und sie u. a. in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft überführen, indem er die Abgaben auf die eingeführten und in den aktiven Veredelungsverkehr übergeführten Waren entrichtet.
5.
Gemeinschaftswaren, die ausgeführt worden sind und anschließend wieder in die Gemeinschaft eingeführt werden sollen, sind so genannte Rückwaren. Nach den Artikeln 185 und 186 des Zollkodex können sie unter Befreiung von den Einfuhrabgaben innerhalb von drei Jahren wiedereingeführt werden.
6.
Artikel 187 Absatz 1 des Zollkodex bestimmt, dass auch für die Veredelungserzeugnisse, die ursprünglich im Rahmen einer aktiven Veredelung ausgeführt oder wiederausgeführt worden waren, die Rückwarenregelung in Anspruch genommen werde...