Entscheidungsstichwort (Thema)

TIR Übereinkommen, Nichterledigung des TIR Versands, Unregelmäßigkeiten bei einem internationalen Warentransport mit Carnet TIR, Zwangsvollstreckung in Zollschulden, Haftung für Zollschulden durch einen Güterverkehrsverband

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Gerichtshof ist dafür zuständig, im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Art. 8 und 11 des Zollübereinkommens über den internationalen Warentransport mit Carnets TIR, das am 14. November 1975 in Genf unterzeichnet wurde und mit der Verordnung (EWG) Nr. 2112/78 des Rates vom 25. Juli 1978 in der durch den Beschluss 2009/477/EG des Rates vom 28. Mai 2009 veröffentlichten geänderten und konsolidierten Fassung im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt wurde, zu entscheiden.

2. Art. 8 Abs. 7 des Zollübereinkommens über den internationalen Warentransport mit Carnets TIR, das mit der Verordnung Nr. 2112/78 in der durch den Beschluss 2009/477 veröffentlichten geänderten und konsolidierten Fassung im Namen der Gemeinschaft genehmigt wurde, ist dahin auszulegen, dass die Zollbehörden in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens ihrer Verpflichtung aus dieser Bestimmung, soweit möglich die Entrichtung der betreffenden Eingangsabgaben zunächst vom Inhaber des Carnet TIR als der Person, die diese Beträge unmittelbar schuldet, zu verlangen, bevor der bürgende Verband zur Entrichtung dieser Beträge aufgefordert wird, nachgekommen sind.

3. Art. 203 Abs. 3 dritter Gedankenstrich und Art. 213 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass der Umstand, dass ein Empfänger eine Ware erworben oder im Besitz gehabt hat, von der er wusste, dass sie mit Carnet TIR befördert worden war, und die Tatsache, dass nicht festgestellt ist, dass die Ware der Bestimmungszollstelle gestellt und bei ihr angemeldet wurde, nicht bereits für die Annahme ausreichen, dass ein solcher Empfänger im Sinne von Art. 203 Abs. 3 dritter Gedankenstrich des Zollkodex wusste oder billigerweise hätte wissen müssen, dass die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen worden war, so dass er nach Art. 213 des Zollkodex als Gesamtschuldner der Zollschuld anzusehen wäre.

 

Normenkette

TIR-Übereinkommen Art. 8, 11, 8 Abs. 7; EWGV 2913/92 Art. 203 Abs. 3, Art. 213

 

Beteiligte

AEBTRI

Asotsiatsia na balgarskite predpriyatia sa mezhdunarodni prevozi i patishtata (Aebtri)

Nachalnik na Mitnitsa Burgas

 

Verfahrensgang

Varhoven administrativen sad (Bulgarien) (Beschluss vom 12.04.2016; Abl.EU 2016, Nr. C 243/22)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Zollunion ‐ Externes Versandverfahren ‐ Straßengüterverkehr mit Carnets TIR ‐ Art. 267 AEUV ‐ Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Auslegung der Art. 8 und 11 des TIR-Übereinkommens ‐ Nichterledigung des TIR-Versands ‐ Haftung des bürgenden Verbands ‐ Art. 8 Abs. 7 des TIR-Übereinkommens ‐ Verpflichtung, soweit möglich die Zahlung zunächst von der Person oder den Personen zu verlangen, die sie unmittelbar schulden, bevor der bürgende Verband zur Zahlung aufgefordert wird ‐ Erläuterungen in der Anlage zum TIR-Übereinkommen ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 ‐ Art. 457 Abs. 2 ‐ Zollkodex der Gemeinschaften ‐ Art. 203 und 213 ‐ Personen, die die Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass diese der zollamtlichen Überwachung entzogen worden war“

In der Rechtssache C-224/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Varhoven administrativen sad (Oberstes Verwaltungsgericht, Bulgarien) mit Entscheidung vom 12. April 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 20. April 2016, in dem Verfahren

Asotsiatsia na balgarskite predpriyatia sa mezhdunarodni prevozi i patishtata (Aebtri)

gegen

Nachalnik na Mitnitsa Burgas

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal (Berichterstatterin) sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Asotsiatsia na balgarskite predpriyatia za mezhdunarodni prevozi i patishtata (Aebtri), Prozessbevollmächtigter: I. Krumov, advokat,

‐ des Nachalnik na Mitnitsa Burgas, handelnd für die Mitnitsa Svilengrad, vertreten durch B. Borisov, M. Petrova, P. Dobreva und M. Bosilkova-Kolipatkova als Bevollmächtigte,

‐ der bulgarischen Regierung, vertreten durch E. Petranova und L. Zaharieva als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch M. Wasmeier, B.-R. Killmann, E. Georgieva und L. Grønfeldt als Bevollmächtigte, dann durch M. Wasmeier, B.-R. Killmann und E. Georgieva als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Genera...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge