Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Lieferungen gegen Annahme von Warengutscheinen
Leitsatz (redaktionell)
In dem Verfahren ging es darum, daß eine Herstellerfirma von Körperpflegeartikeln (H) im Rahmen von Werbeaktionen sogenannten Preisnachlaß- und Preiserstattungsgutscheine für bestimmte Produkte verteilte. Einen Preisnachlaßgutschein konnte ein Verbraucher (V) bei einem beliebigen Einzelhändler (E) vorlegen, um einen Preisnachlaß für eine Produkt der H zu erhalten. Ein Preiserstattungsgutschein war unmittelbar auf der Verpackung eines Produktes von H aufgedruckt und berechtigte V zu einer Erstattung, die er unmittelbar von H – ohne Einschaltung des E – erhielt.
H meinte, bei der Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage ihrer Umsätze an E müsse der Nennwert der eingelösten Gutscheine, die sie von E oder von V entgegengenommen hatte, abgezogen werden.
Nach dem Urteil war H zu dieser Minderung der Bemessungsgrundlage berechtigt. Dies gilt sowohl für den Fall, daß V den Warengutschein unmittelbar bei H einlöste, als auch für den Fall, daß V den Gutschein beim Erwerb der Ware dem E vorlegte und dieser seinerseits den Nennwert des Gutscheins bei H zurückforderte.
Beteiligte
Commissioners of Customs & Excise |
Verfahrensgang
VAT and Duties Tribunal London (Vereinigtes Königreich) |
Gründe
Urteil des Gerichtshofes
(Sechste Kammer)
„Mehrwertsteuer – Sechste Richtlinie – Preiserstattungs- und Preisnachlaßgutscheine – Besteuerungsgrundlage”
In der Rechtssache C-317/94
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Value Added Tax Tribunal London in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Elida Gibbs Ltd
gegen
Commissioners of Customs and Excise
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 11 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABI. L 145, S. 1)
erläßt
Der Gerichtshof
(Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten G. F. Mancini, der Richter C. N. Kakouris (Berichterstatter) und G. Hirsch,
Generalanwalt: N. Fennelly
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der Elida Gibbs Ltd, vertreten durch David Milne, QC, im Auftrag der Solicitors Coopers & Lybrand,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Stephen Braviner, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigten und durch Kenneth Parker, QC,
der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat Ernst Röder und Assessor Gereon Thiele, beide Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigte,
der französischen Regierung, vertreten durch Edwige Belliard, stellvertretende Direktorin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, und Jean-Louis Falconi, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten in dieser Direktion, als Bevollmächtigte,
der italienischen Regierung, vertreten durch Professor Umberto Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso diplomatico des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten im Beistand des Avvocato dello Stato Maurizio Fiorilli,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Peter Oliver und Enrico Traversa, beide Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Elida Gibbs Ltd, vertreten durch David Milne und Tax Adviser John Arnold, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Kenneth Parker, der griechischen Regierung, vertreten durch Fokion Georgakopoulos, beigeordneter Rechtsberater im Juristischen Dienst des Staates, und Anna Rokofyllou, Beraterin des stellvertretenden Ministers für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte, der französischen Regierung, vertreten durch Gautier Mignot, Sekretär für Auswärtige Angelegenheiten in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, und der Kommission, vertreten durch Peter Oliver und Enrico Traversa, in der Sitzung vom 25. April 1996,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Juni 1996,
folgendes
Urteil
1 Das Value Added Tax Tribunal London hat mit Beschluß vom 30. November 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Dezember 1994, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 11 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABI. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Elida Gibbs Ltd (im folgenden: Gibbs Ltd) und den für die Erhebung der Mehrwertsteuer im Vereinigten Königreich zuständigen...