Entscheidungsstichwort (Thema)
Externes gemeinschaftliches Versandverfahren, Verspätete Zollgestellung, Entstehung der Zollschuld, Vorsteuerabzug, Einfuhrumsatzsteuer-Vorsteuerabzug, Verfügungsmacht an Einfuhrware, Vorsteuerabzug durch Beförderer einer Einfuhrware
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 203 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Zollschuld auf dieser Grundlage nicht schon dadurch entsteht, dass Waren, die sich in einem externen gemeinschaftlichen Versandverfahren befinden, nach einem erfolglosen Lieferversuch in den Ausgangsfreihafen zurückgebracht werden, ohne der Bestimmungszollstelle oder der Zollstelle des Freihafens gestellt worden zu sein, wenn erwiesen ist, dass dieselben Waren anschließend im Rahmen eines zweiten, vorschriftsmäßig abgeschlossenen externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens erneut an ihren Bestimmungsort befördert wurden. Ist dagegen nicht erwiesen, dass im Rahmen des ersten und des zweiten externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens dieselben Waren befördert wurden, entsteht eine Zollschuld aufgrund dieses Artikels.
2. Art. 204 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 1791/2006 geänderten Fassung ist in Verbindung mit Art. 859 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 214/2007 der Kommission vom 28. Februar 2007 geänderten Fassung dahin auszulegen, dass es eine Nichterfüllung darstellt, die eine Zollschuld entstehen lässt, wenn in ein erstes Versandverfahren überführte Waren der Bestimmungszollstelle verspätet und im Rahmen eines zweiten Versandverfahrens gestellt werden, es sei denn, dass die in den Art. 356 Abs. 3 oder 859 zweiter Gedankenstrich und Nr. 2 Buchst. c dieser Verordnung aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.
3. Art. 168 Buchst. e der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die den Abzug der vom Beförderer der betreffenden Waren, der nicht deren Einführer oder Eigentümer ist, sondern sie lediglich befördert und die Zollabfertigung ihres Versands im Rahmen seiner mehrwertsteuerpflichtigen Beförderungstätigkeit vorgenommen hat, geschuldeten Einfuhrumsatzsteuer ausschließt.
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 203-204; EGRL 112/2006 Art. 168 Buchst. e
Beteiligte
Verfahrensgang
Ostre Landsret (Dänemark) (Beschluss vom 04.04.2014; ABl. EU 2014, Nr. C 202/12) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Zollkodex der Gemeinschaften ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 ‐ Art. 203 und 204 ‐ Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 ‐ Art. 859 ‐ Externes Versandverfahren ‐ Entstehung der Zollschuld ‐ Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung ‐ Nichterfüllung einer Verpflichtung ‐ Verspätete Gestellung der Waren bei der Bestimmungsstelle ‐ Waren, deren Annahme der Empfänger verweigert hat und die ohne Gestellung bei der Zollstelle zurückgesandt wurden ‐ Waren, die mittels einer neuen Erklärung erneut in das externe Versandverfahren überführt wurden ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 168 Buchst. e ‐ Abzug der Einfuhrumsatzsteuer durch den Beförderer“
In der Rechtssache C-187/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Østre Landsret (Dänemark) mit Entscheidung vom 4. April 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 16. April 2014, in dem Verfahren
Skatteministeriet
gegen
DSV Road A/S,
Beteiligte:
Danske Speditører,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz (Berichterstatter) sowie der Richter C. Vajda, A. Rosas, E. Juhász und D. Šváby,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der DSV Road A/S, vertreten durch A. Hedetoft, advokat,
‐ der Danske Speditører, vertreten durch R. Køie, advokat,
‐ der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning als Bevollmächtigten im Beistand von D. Auken, advokat,
‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
‐ der hellenischen Regierung, vertreten durch G. Skiani und M. Germani als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Soulay und L. Grønfeldt als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 203 Abs. 1 und 204 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vo...