Leitsatz
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist der Begriff der "Unterschrift", der in dem Muster lt. Anhang A der 8. EG-RL zur Stellung eines Antrags auf Vergütung der USt gem. Art. 3 Buchst. a dieser RL verwendet wird, ein einheitlich auszulegender gemeinschaftsrechtlicher Begriff?
2. Falls die Frage zu 1. bejaht wird:
Ist der Begriff der "Unterschrift" dahin zu verstehen, dass der Vergütungsantrag zwingend von dem Steuerpflichtigen persönlich oder bei einer juristischen Person von dem gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden muss, oder genügt die Unterschrift eines Bevollmächtigten (z.B. eines steuerlichen Vertreters oder Arbeitnehmers des Steuerpflichtigen)?
Normenkette
Art. 249 EG, Art. 3 Buchst. a, Art. 6, Anhang A der 8. EG-RL, § 18 Abs. 9 S. 3 bis 5 UStG 2005, § 61 Abs. 1 UStDV 2005, § 79 Abs. 1 Nr. 3, § 150 Abs. 3 AO
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine in den Niederlanden ansässige Gesellschaft. Sie beantragte eine Vergütung von USt auf dem dafür in der Bundesrepublik vorgesehenen Vordruck. Dieser sieht eine "Eigenhändige Unterschrift und Firmenstempel" vor. In einem Begleitschreiben wiesen die in Deutschland ansässigen Bevollmächtigten der Klägerin unter Beifügung einer Vollmacht darauf hin, dass der Antrag von ihnen unterschrieben worden sei.
Das Bundeszentralamt für Steuern lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass er nicht eigenhändig unterschrieben worden sei.
Das FG wies die Klage ab (FG Köln, Urteil vom 21.02.2008, 2 K 736/07, Haufe-Index 1967031, EFG 2008, 1164).
Entscheidung
Der BFH hat vor dem Hintergrund, der in den Praxis-Hinweisen aufgezeigt ist, beschlossen, dem EuGH die aus den Leitsätzen ersichtlichen Fragen vorzulegen.
Hinweis
1. Die "Achte Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die USt – Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige" (im Folgenden: 8. EG-RL) hat den erklärtenZweck, die verfahrensrechtlichen Unterschiede zwischen den bis dahin in den Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen zu beseitigen.
Nach Art. 3 der 8. EG-RL muss ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiger Steuerpflichtiger, der Im Inland keine Lieferungen oder Leistungen ausführt, hier aber Waren oder Dienstleistungen bezieht, den Antrag auf Erstattung der ihm in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer "nach dem in Anhang A aufgeführten Muster" stellen.
Das als Anhang A der 8. EG-RL beigefügte Muster sieht in seiner deutschen Fassung in der letzten Zeile eine "Unterschrift" vor.
2. Nach § 18 Abs. 9 S. 5 UStG i.d.F. des JStG 1996 vom 11.10.1995 ist der Vergütungsantrag vom Steuerpflichtigen eigenhändig zu unterschreiben. Nach dem für Steuererklärungen geltenden § 150 Abs. 3 AO ist dann, wenn die Steuergesetze eine eigenhändige Unterschrift vorsehen, die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigen nur in dem Ausnahmefall zulässig, dass der Steuerpflichtige wegen seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist.
Der Antrag auf Vorsteuervergütung ist eine Steuererklärung i.S.d. § 150 AO. Im Besprechungsfall war eine Ausnahmesituation nicht geltend gemacht worden. Da der Antrag gleichwohl nur von dem Bevollmächtigten der Klägerin unterzeichnet worden ist, ist nach nationalem Recht kein wirksamer Antrag gestellt worden.
Der Vergütungsantrag ist am letzten Tag vor Ablauf der Frist von 6 Monaten (vgl. § 18 Abs. 9 S. 3 UStG) gestellt worden, sodass auch keine Heilungsmöglichkeit bestanden hat.
Folglich ist die Klage nach nationalem Recht abzuweisen.
3. Das Muster in Anhang A der 8. EG-RL sieht nur eine Unterschrift und nicht deren Eigenhändigkeit vor. Dementsprechend war in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Neuregelung durch das JStG 1996 die Unterschrift durch einen Bevollmächtigen anerkannt worden (Abschnitt 243 Abs. 7 UStR 1994).
Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass in anderen Mitgliedstaaten die Unterschrift durch einen Bevollmächtigen anerkannt wird.
Es fragt sich und wird vom EuGH zu entscheiden sein, ob der von der 8. EG-RL verfolgte Zweck der Vereinheitlichung des Verfahrens noch erreicht wird, wenn die Mitgliedstaaten unterschiedliche Anforderungen an die in dem Muster für den Antrag auf Vorsteuervergütung vorgesehene Unterschrift stellen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 13.08.2008, XI R 19/08