Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Darf der Arbeitnehmer das betriebliche E-Bike auch für Privatfahrten und Fahrten zur Arbeitsstätte verwenden, liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung insoweit ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vor. Die Gegenleistung des Arbeitnehmers für die Fahrzeugüberlassung besteht in der anteiligen Arbeitsleistung, die er seinem Arbeitgeber gegenüber erbringt, sodass ein tauschähnlicher Umsatz vorliegt.
Wann ein steuerbarer Umsatz vorliegt
Abweichend vom EuGH-Urteil vom 20.1.2021 (C-288/19) hat der BFH entschieden, dass ein steuerbarer Umsatz jedenfalls dann vorliegt, wenn die Fahrzeugüberlassung arbeitsvertraglich individuell vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird. Es liegt dann nämlich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung vor (BFH-Urteil vom 30.6.2022, V R 25/21),
Als Wert der privaten Nutzung kann die sog. 1 %-Regelung, die für ertragsteuerliche Zwecke gilt, auch für umsatzsteuerliche Zwecke übernommen werden. Allerdings ist der auf volle 100 EUR abgerundete Listenpreis zugrunde zu legen und nicht die Hälfte bzw. ein Viertel des Listenpreises.
Bei der Umsatzsteuer bemisst sich die unternehmensfremde Nutzung grundsätzlich nach den Ausgaben, die auf die private Verwendung entfallen, soweit diese zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Bei der Ermittlung dieser Ausgaben ist eine Pauschalierung zulässig, sofern sichergestellt ist, dass die "Pauschalierung in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang der privaten Nutzung steht" und somit verhältnismäßig ist. Da der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs dem Unternehmer regelmäßig in voller Höhe zusteht, würde (nach Auffassung der Finanzverwaltung) eine Übernahme der ertragsteuerlichen Regelungen nach der sog. 1 %-Regelung aus umsatzsteuerlicher Sicht zu einer Begünstigung des Unternehmers führen, die den nicht tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Sie ist daher nicht zu übernehmen.
Auch die unternehmensfremde (private) Nutzung eines dem Unternehmen vollständig zugeordneten Fahrrads ist als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Fahrtenbuchmethode ist für ein Fahrrad nicht geeignet, da eine objektive Überprüfung anhand eines Tachometers nicht möglich ist.
Wann keine Umsatzsteuer für die private Nutzung eines E-Bikes und Fahrrads berechnet werden muss
Überlässt der Unternehmer seinem Arbeitnehmer ein (Elektro-) Fahrrad auch zur privaten Nutzung, ist dies regelmäßig eine entgeltliche Leistung (Arbeitsleistung gegen Fahrradgestellung). Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Fahrräder kann aus Vereinfachungsgründen ebenfalls nach der sog. 1 %-Regelung ermittelt werden. Als Bemessungsgrundlage für die entgeltliche Nutzungsüberlassung sind monatlich 1 % der auf volle 100 EUR abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrades zu berücksichtigen. Dieser Wert ist als Bruttowert anzusehen, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist.
Wenn der anzusetzende Wert des Fahrrades weniger als 500 EUR beträgt, wird es nicht beanstandet, wenn von einer nicht entgeltlichen Überlassung des Fahrrades ausgegangen wird. In diesen Fällen ist keine Umsatzbesteuerung der Leistung an den Arbeitnehmer erforderlich. Die Formulierung des BMF ist ungenau. Nach Auskunft des BMF ist hier auf die auf volle 100 EUR abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrades abzustellen. Da die Preisempfehlung für E-Bikes immer über diesem Grenzwert liegt und auch bei normalen Fahrrädern regelmäßig deutlich höher sind, läuft diese Bagatellgrenze fast immer ins Leere.