BZSt v. 25.3.2015, St II 2 - S 2282-PB/15/00001, BStBl I 2015, 254
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 3.7.2014 (Az. III R 53/13) entschieden, dass der freiwillige Wehrdienst, abhängig von seiner Ausgestaltung und der Art der Durchführung im Einzelfall, eine Maßnahme der Berufsausbildung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG darstellen kann. Darüber hinaus wurde § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl 2014 I S. 2417) dahingehend geändert, dass durch den freiwilligen Wehrdienst eine Übergangszeit begründet werden kann.
Eine Berücksichtigung von Kindern während des Wehrdienstes kommt daher in den nachfolgenden Fällen in Betracht:
1. Berufsausbildungsmaßnahmen während des Wehrdienstes
1.1 Laufbahn der Mannschaften
Die Ausbildung eines Soldaten für seine spätere Verwendung im Mannschaftsdienstgrad umfasst die Grundausbildung und die sich anschließende Dienstpostenausbildung (A 14.2 Satz 2, 8. Tiret DA-KG 2014; BFH vom 10.5.2012, BStBl 2012 II S. 895). Die Soldaten in der Laufbahn der Mannschaften gehören entweder der Statusgruppe der Soldaten auf Zeit an oder leisten freiwilligen Wehrdienst. Unabhängig davon, zu welcher dieser beiden Statusgruppen das Kind gehört, ist es kindergeldrechtlich zu berücksichtigen, wenn es eine Ausbildung absolviert.
Die Grundausbildung dauert drei Monate und findet regelmäßig zu Beginn der Wehrdienstzeit statt. Die Dauer der möglichen Dienstpostenausbildungen ist unterschiedlich. Sie umfasst mindestens einen und häufig mehrere Monate. Aus diesem Grund können die ersten vier Monate der Wehrdienstzeit ohne näheren Nachweis berücksichtigt werden; lediglich der Dienstantritt ist glaubhaft zu machen. Für eine darüber hinausgehende Berücksichtigung hat der Berechtigte die Dauer der sich an die Grundausbildung anschließenden Dienstpostenausbildung nachzuweisen.
1.2 Laufbahn der Unteroffiziere und Offiziere
Die Ausbildung eines Soldaten zum Unteroffizier oder Offizier ist als Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigen (A 14.2 Satz 2 7. Tiret DA-KG 2014). Neben der militärischen Ausbildung sind auch zivilberufliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen (sog. ZAW-Maßnahmen) berücksichtigungsfähig. Ebenso ist sowohl das Studium an einer Bundeswehrhochschule als auch das Studium an zivilen Hochschulen berücksichtigungsfähig. Unbeachtlich ist, ob der Soldat im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit oder eines Berufssoldaten steht. Ebenso ist nicht anspruchserheblich, ob der Soldat die Bezeichnung „Anwärter” oder eine vergleichbare Bezeichnung im Dienstgrad trägt (z.B. Fahnenjunker oder Fähnrich). Daher kann die Ausbildung auch dann berücksichtigt werden, wenn der Soldat bereits mit höherem Dienstgrad eingestellt wurde (z.B. aufgrund seiner Vorbildung).
1.3 Reserveoffiziersanwärter
Die Ausbildung eines Soldaten zum Reserveoffizier als Reserveoffiziersanwärter ist als Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigen, sofern sie während des Wehrdienstes stattfindet. Eine Reserveoffiziersausbildung außerhalb des Wehrdienstes (Wehrübungen) ist keine Berufsausbildung.
2. Ausbildungsdienstverhältnis i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG
Hat das Kind bereits eine Erstausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG abgeschlossen, kommt eine Berücksichtigung nur in Betracht, wenn die Erwerbstätigkeit anspruchsunschädlich ist (vgl. A 19.3 DA-KG 2014). Dies ist insbesondere der Fall, wenn es sich um ein Ausbildungsdienstverhältnis (vgl. A 19.3.2 DA-KG 2014) handelt. Die militärische Ausbildung oder das Studium eines Soldaten an einer Bundeswehrhochschule (vgl. Tz. 1) finden regelmäßig im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG statt. Die zivilberufliche Ausbildung oder das Studium an einer zivilen Hochschule stellen nur dann ein Ausbildungsdienstverhältnis dar, wenn die Maßnahme Bestandteil der Unteroffiziers- oder Offiziersausbildung ist.
3. Bewerbung für einen Wehrdienst
Eine Berücksichtigung von Kindern nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ist unter den in A 16 DA-KG 2014 genannten Voraussetzungen möglich. Aufgrund der während des Wehrdienstes stattfindenden Berufsausbildung (vgl. Tz. 1) stellen die Bemühungen des Kindes um eine Einstellung gleichzeitig Bemühungen um einen Ausbildungsplatz i.S. des A 16 DA-KG 2014 dar. Als Nachweis i.S. des A 16 Abs. 2 Satz 4 DA-KG 2014 kommt insbesondere die Bewerbung für einen Wehrdienst (auch freiwilligen Wehrdienst) in Betracht.
4. Übergangszeit
4.1 Anspruchszeiträume vor dem 1.1.2015
Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a.F. besteht ein Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet. Daraus folgt, dass auch der Beginn eines Wehrdienstes eine Übergangszeit begründen kann, da dieser regelmäßig mit einem...