Leitsatz
Die Prüfung, ob vom Abzug des Kinderfreibetrags abzusehen ist, weil er die Kindergeldentlastung nicht übersteigt (sog. Günstigerprüfung), ist nicht auf das einzelne Kind bezogen, sondern als Gesamtbetrachtung durchzuführen, wenn sie unter Berücksichtigung der sog. Fünftel-Regelung für außerordentliche Einkünfte i. S. von § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG zu erfolgen hat.
Sachverhalt
Der Kläger ist verwitwet und wurde im Streitjahr 2000 noch mit seiner verstorbenen Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Für das Streitjahr erhielt der Kläger Kindergeld für zwei volljährige in Ausbildung befindliche Kinder. Bei der Festsetzung der Einkommensteuer, bei der wegen eines begünstigten Veräußerungsgewinns der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden war, blieben Kinderfreibeträge unberücksichtigt, weil die auf das einzelne Kind bezogene Günstigerprüfung nach § 31 EStG im Streitfall dazu führte, dass die Gewährung des Kindergeldes ohne Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen für den Kläger günstiger war. Im Klageverfahren begehrt der Kläger die nach § 31 Satz 4 EStG vorzunehmende Günstigerprüfung nicht für jedes Kind einzeln sondern insgesamt vorzunehmen. Dies führt zu einer Minderung der Einkommensteuer des Streitjahres um 5.138 DM.
Entscheidung
Das FG teilt nicht die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach bei einer Mehrzahl von Kindern eine isolierte Günstigerprüfung nach § 31 EStG für jedes Kind durchzuführen ist (R 175 Abs. 1 Satz 3 EStR 2003). Der Wortlaut des § 31 Satz 4 EStG verlangt nicht zwingend, dass bei der Prüfung, ob vom Abzug eines Kinderfreibetrags abzusehen ist, weil er die Kindergeldentlastung nicht übersteigt, auf das einzelne Kind abzustellen ist. Demzufolge hat die Günstigerprüfung im Streitfall in der Weise zu erfolgen, dass die Differenz der Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen ohne Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 EStG und der Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen abzüglich der Kinderfreibeträge für beide Kinder nach § 32 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 EStG (von 13.824 DM) einerseits dem für beide Kinder im Streitjahr 2000 an den Kläger ausbezahlten Kindergeld von 6.480 DM andererseits gegenüber gestellt werden muss.
Hinweis
Die von dem FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. III R 86/07 geführt. Außerdem ist wegen der gleichen Rechtsfrage das Verfahren III R 50/08 beim BFH anhängig. In diesem Verfahren hat das FG München mit Urteil vom 19.6.2008 (Az. 15 K 4625/05) die gleiche Entscheidung getroffen. In vergleichbaren Fällen sollte daher Einspruch eingelegt und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO verwiesen werden.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.04.2007, 3 K 60/07