Prof. Dr. Helmut Wannenwetsch
5.1 Verändertes Aufgabengebiet der Materialdisposition
Die Aufgaben der Materialdisposition haben sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert. Früher hat die Disposition die Bedarfe der Produktion bzw. der verbrauchenden Einheiten gesammelt und an den Einkauf weitergegeben. Heute übernimmt die "Matdispo" eigenverantwortlich Aufgaben des operativen Einkaufs. Während der zentrale Einkauf die Rahmenverträge verhandelt, steht die Materialdisposition in direktem Kontakt mit den Lieferanten bezüglich der Mengen und Termine.
Aber auch im Verhältnis zum Kunden nimmt die Verantwortung zu. Der Kunde ruft oft direkt bei der Disposition an und lässt sich die Termine bestätigen bzw. fragt nach freien Kapazitäten und Terminen. Die Materialdisposition kann durch folgende Maßnahmen entscheidenden Einfluss auf die Rentabilität und die Kostensenkung nehmen:
- Rechtzeitige und vorausschauende Planung des Bedarfs;
- enge Zusammenarbeit mit Entwicklung, Einkauf, Produktion und Vertrieb;
- schnelle Datenermittlung und Datenweitergabe durch vernetzte und leistungsfähige EDV-Systeme;
- bedarfsgerechte Sortimentsgestaltung mit entsprechender Verpackungseinheit;
- kein Behälterwechsel (Transportbehälter = Produktionsbehälter = Kundenbehälter);
- Materialgruppenmanagement (Bildung von Materialgruppen, Blockung und zentrale Bündelung des Bedarfs);
- Lieferantenreduzierung in Zusammenarbeit mit dem Einkauf;
- optimale Losgrößen und Transporteinheiten.
Um eine optimale Materialdisposition durchführen zu können, müssen die tatsächlichen Bedarfsmengen und Zeitpunkte rechtzeitig bekannt sein. Dies erfordert immer professionellere Prognosetechniken.
5.2 Mit ausgefeilten Verkaufs- und Prognosewerkzeugen die Dispo-Kosten senken
Je genauer die Bedarfsprognosen, desto geringer der Lagerbestand, aber auch desto höher die Lieferbereitschaft und desto niedriger die Fehlmengenkosten. In der Praxis werden dabei immer mehr Faktoren in die Prognosen mit einbezogen. Folgende Kriterien sind bei der Planung zu berücksichtigen:
- Frühzeitige Information der Materialdisposition über zukünftige Promotions- und Verkaufsförderungsmaßnahmen;
- Einbeziehung aller Saisonprodukte und Saisoneinflüsse;
- erhöhtes Besucheraufkommen durch Großveranstaltungen, Messen und Ausstellungen können zusätzliche Nachfrage schaffen;
- Lieferanten und Spediteure können in Spitzenzeiten zusätzliche Lagerkapazitäten bereitstellen;
- durch Mengenrabatte und Sortimentsgestaltung lassen sich Kundenbedarfe besser steuern;
- Mindestabnahmenmengen, feste Packungsgrößen und Transporteinheiten schaffen eine bessere Touren- und Transportdisposition.
Die angeführten Beispiele zeigen, dass eine optimale Bedarfsplanung und Materialdisposition nur möglich sind, wenn sowohl alle beteiligten Stellen innerhalb des Unternehmens als auch Lieferanten und Kunden schnell und effektiv zusammenarbeiten. Hierbei spielen professionelle Prognosemethoden eine immer größere Rolle. Dies zeigen z. B. auch die derzeit auf dem Markt angebotenen SAP-Anwendungen.