FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlass vom 27.5.2021, S 0323 - § 152 AO Karte 801
1. Zeitlicher Anwendungsbereich
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (StModernG) sind die Regelungen zum Verspätungszuschlag in § 152 AO grundlegend überarbeitet worden. § 152 AO i.d.F. des StModernG (§ 152 AO n.F.) ist zwar bereits am 01.01.2017 in Kraft getreten, ist aber erst für Steuererklärungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 abzugeben sind; eine Verlängerung der Steuererklärungsfrist ist hierbei nicht zu berücksichtigen.
Für Steuererklärungen, die vor dem 01.01.2019 einzureichen sind, ist § 152 AO in der am 31.12.2016 geltenden Fassung (§ 152 AO a.F.) weiterhin anzuwenden.
Aus dieser Anwendungsregelung folgt, dass die Neufassung des § 152 AO beispielsweise für die folgenden Steuererklärungen nicht einschlägig ist und somit § 152 AO a.F. weiterhin anwendbar bleibt:
- Steuererklärungen für Veranlagungszeiträume bis einschließlich VZ 2017 (auch bei gewährter Fristverlängerung über den 31.12.2018 hinaus),
- Umsatzsteuer-Jahreserklärungen für 2018, wenn die unternehmerische Tätigkeit bereits im Laufe des Kalenderjahres 2018 beendet worden ist (verkürzter Besteuerungszeitraum nach § 18 Abs. 3 Sätze 1 und 2 UStG) und
- Steuererklärungen, für die Steuerpflichtige erst durch eine Aufforderung der Finanzbehörde zur Abgabe verpflichtet werden und die Aufforderung bereits vor dem 01.01.2019 bekanntgegeben wurde (z.B. Erbschaft-/Schenkungsteuer).
Auf die Ausführungen im AEAO zu § 152 AO wird ausdrücklich hingewiesen.
2. Allgemeines
§ 152 AO regelt, dass die Festsetzung eines Verspätungszuschlags in vielen Fällen vorzunehmen ist, ohne dass hierfür ein Ermessensspielraum besteht oder es einer Ermessensausübung bedarf. Außerdem wird die Vornahme der Berechnung des Verspätungszuschlags grundsätzlich festgelegt, so dass diese automationsgestützt erfolgen kann.
3. „Kann”-Regelung (Abs. 1)
Entsprechend der Regelungen in § 152 AO a.F. kann nach § 152 Abs. 1 AO n.F. ein Verspätungszuschlag im Rahmen einer Ermessensentscheidung festgesetzt werden, wenn eine gesetzliche oder behördliche Frist für die Abgabe einer Steuererklärung / -anmeldung nicht eingehalten worden ist, wobei eine evtl. (ggf. auch rückwirkend) gewährte Fristverlängerung zu berücksichtigen ist. Die Regelungen des § 152 Abs. 1 AO gelten insbesondere für
- Steuer- und Feststellungserklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, wenn diese zwar verspätet, aber binnen 14 Monaten (in Fällen des § 149 Abs. 2 Satz 2 AO: binnen 19 Monaten) nach Ablauf des Kalenderjahres bzw. binnen 14 Monaten (in Fällen des § 149 Abs. 2 Satz 2 AO: binnen 19 Monaten) nach dem Besteuerungszeitpunkt abgegeben werden,
- Steuererklärungen, wenn die Steuer auf null Euro oder einen negativen Betrag festgesetzt wird (§ 152 Abs. 3 Nr. 2 AO),
- Steuererklärungen, wenn die festgesetzte Steuer die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt (§ 152 Abs. 3 Nr. 3 AO),
- verspätet abgegebene jährlich abzugebende Lohnsteueranmeldungen (§ 152 Abs. 3 Nr. 4 AO).
Hinsichtlich der ab dem Veranlagungszeitraum 2018 geltenden Abgabefristen wird auf Karte 1 zu § 149 AO hingewiesen.
Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist im Rahmen der Ermessensentscheidung allerdings abzusehen, wenn der Erklärungspflichtige glaubhaft macht, dass die Verspätung entschuldbar ist. Das Verschulden eines Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist hierbei dem Erklärungspflichtigen zuzurechnen (§ 152 Abs. 1 Satz 2 AO). Für die Finanzbehörden besteht insoweit allerdings keine Amtsermittlungspflicht. Wird eine (bewilligte) Abgabefrist nicht ungebührlich überschritten (nicht mehr als zwei Wochen), soll großzügig verfahren werden; dies gilt nicht für Fristüberschreitungen nach dem 28./29.02. bzw. 31.07. des zweiten Folgejahres und bei Vorabanforderung.
Die in § 152 Abs. 5, 6, 7 und 9 AO geregelte Berechnung des Verspätungszuschlags ist auch bei einer Festsetzung des Verspätungszuschlags nach § 152 Abs. 1 AO zu beachten. Die Höhe des Verspätungszuschlags ist damit grundsätzlich gesetzlich vorgegeben und unterliegt nicht dem Ermessen.
4. „Muss”-Regelung (Abs. 2)
Wird eine Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr oder einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht,
- nicht binnen 14 Monaten (in Fällen des § 149 Abs. 2 Satz 2 AO: nicht binnen 19 Monaten) nach Ablauf des Kalenderjahres bzw. nicht binnen 14 Monaten (in Fällen des § 149 Abs. 2 Satz 2 AO: nicht binnen 19 Monaten) nach dem Besteuerungszeitpunkt oder
- bei Vorabanforderung i.S.d. § 149 Abs. 4 AO nicht bis zu dem in der Vorabanforderung bestimmten Abgabezeitpunkt abgegeben,
ist nach § 152 Abs. 2 AO ein Verspätungszuschlag festzusetzen. Es bedarf insoweit keiner Ermessensausübung, die Festsetzung hat in diesen Fällen ermessensunabhängig zu erfolgen.
Für die Anwendung der „Muss”-Regelung des § 152 Abs. 2 AO ist unbeachtlich, ob die Steuererklärung von einem steuerlichen Berater (verläng...