Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert und Kostenfestsetzung bei gleichzeitiger, inhaltsgleicher Abfechtung eines Einheitswertsbescheids für einen landwirtschaftlichen Betrieb sowie des Grundsteuermessbetragsbescheids, späterer Rücknahme der Klage gegen den Grundsteuermessbetragsbescheid und Abhilfe der Klage gegen den Einheitswertbescheid durch das FA auf gerichtliche Anregung hin
Leitsatz (redaktionell)
1. Sind der angefochtene Einheitswertbescheid ebenso wie der am selben Tag ergangene, ebenfalls angefochtene Grundsteuermessbescheid an Ehegatten als hälftige Miteigentümer gerichtet, haben die Eheleute dem Prozessbevollmächtigten auch offensichtlich gemeinsam ein Mandat mit einem von diesem auch eingehaltenen einheitlichen Tätigkeitsrahmen erteilt und hat der Bevollmächtigte beide Bescheide mit identischer Begründung angefochten, so stehen dem Prozessvollmächtigten die Gebühren gem. § 7 Abs. 1 RVG nur einmal zu, da er in derselben Angelegenheit i. S. d. § 15 Abs. 1 RVG tätig wurde.
2. Als Gegenstandswert für ein Verfahren wegen der Höhe des Einheitswertsbescheids für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ist ebenso wie für ein Verfahren gegen den Grundsteuermessbetragsbescheid nach dem Entfallen der Vermögensteuer das Sechsfache der jährlichen grundsteuerlichen Auswirkung anzusetzen (gegen die herrschende Meinung, wonach der Streitwert bei einer Wirkungsdauer des Einheitswertsbescheids von mindestens 6 Jahren für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft pauschal mit Sätzen zwischen 50 und 100 v. T. des strittigen Wertunterschieds berechnet wird).
3. Der Gegenstandswert ist nicht gem. § 22 Abs. 1 RVG zu verdoppeln, wenn zwei Ehegatten mit der Klage letztlich eine Herabsetzung der für ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu entrichtenden Grundsteuer anstreben, für die sie gem. § 10 Abs. 3 GrStG jeweils in voller Höhe als Gesamtschuldner einzustehen haben, wenn sich der Auftrag an den Prozessvertreter darauf beschränkt, die Höhe des Einheitswerts für den in gemeinsamer Trägerschaft unterhaltenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit dem zulässigen Rechtsbehelf anzufechten, und wenn sich der Prozessbevollmächtigte nach der Rücknahme der Klage gegen den Grundsteuermessbetragsbescheid auch nur mit einem einzigen Gegenstand befasst hat.
4. Haben Ehegatten mit der Klage in Verfolgung desselben Klageziels (Grundsteuerreduzierung) und mit identischer Begründung sowohl den Einheitswertbescheid für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft als auch den Grundsteuermessbescheid angefochten und wurde das Verfahren gegen den Grundsteuermessbescheid erst nach einem Erörterungstermin und der dort erfolgten Rücknahme der Klage abgetrennt, so sind die nunmehr formal selbstständigen Klageverfahren kostenrechtlich nicht getrennt zu behandeln. Der Prozessvertreter kann daher zwar gem. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG die Gebühren nur einmal fordern, wobei die beiden Gegenstandswerte für die nun formal selbständigen Klageverfahren gem. § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen sind; die sich so ergebende Verfahrensgebühr ist aber aufgrund der Rücknahme der Klage wegen Grundsteuermessbescheids entsprechend zu kürzen (hier: Halbierung); dem Prozessbevollmächtigten steht im Gegenzug jedoch eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV-RVG zu, ohne dass eine unzulässige Kumulation der gesetzlichen Gebührenerhöhungssysteme vorläge.
5. Die Anrechnung der Geschäftsgebühr für das Vorverfahren nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV-RVG gilt auch für Steuerberater.
6. Die Vergütung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV-RVG erfordert ebenso wie die Erledigungsgebühr nach § 24 BRAGO, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet ist, sondern ein besonderes Bemühen um eine Erledigung der Rechtssache ohne förmliche Entscheidung erkennen lässt. Der Prozessbevollmächtigte muss eine besondere, gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit entfalten, die über eine bereits mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG-VV abgegoltene Verfahrensförderung hinausgeht; hieran fehlt es, wenn die Stattgabe des Klagebegehrens durch den Beklagten allein aufgrund eines rechtlichen Hinweises des Einzelrichters in einem Erörterungstermin erfolgt ist.
7. Die Abgabe der Erledigungserklärung bei Klaglosstellung durch das FA ist keine besondere, auf Erledigung des Klageverfahrens gerichtete Tätigkeit, die eine Erledigungsgebühr auslösen könnte; dies gilt selbst dann, wenn sich der Mandant ohne die Einwirkung seines Prozessvertreters nicht zur Abgabe einer Erledigungserklärung bereit erklärt hätte.
Normenkette
FGO § 149 Abs. 1, § 139 Abs. 3 Sätze 1, 3; StBGebV §§ 45, 40 Abs. 1; RVG § 2 Abs. 1-2, § 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1, 2 S. 1, § 23 Abs. 1 S. 1, § 22 Abs. 1; VV-RVG Nrn. 3200, 3202, 1002, 1008; GKG § 52 Abs. 1; GrStG § 13 Abs. 1 S. 1, § 16 Abs. 2 S. 3
Tenor
Unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 28. Februar 2012 wird der Erstattungsbetrag auf 737, 77 EUR festgesetzt.
Die Erinnerungsführer tragen die Kosten des V...