Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung von Schreibauslagen für Anfertigung fehlender Abschriften
Leitsatz (redaktionell)
Reicht ein Kläger die Klageschrift samt Anlagen in nur einer Ausfertigung bei Gericht ein, ohne den Hinweis nach § 77 Abs. 2 Satz 2 FGO anzubringen, hat die Geschäftsstelle des Gerichts gegen Erstattung der Schreibgebühren durch den Kläger die erforderlichen Abschriften anzufertigen zu lassen.
Normenkette
GKG § 56 Abs. 1 S. 2; KostVerz Nr. 9000 Abs. 2b; GKG KV Nr. 9000 Abs. 2b; FGO § 77 Abs. 2, § 64 Abs. 2; ZPO § 133 Abs. 1, § 253 Abs. 4; Anlage zu § 12 UStG Abs. 2 Nr. 1
Gründe
I.
Die Erinnerungsführerin (Efin) hatte im Juli 1999 das ... ... als Familienkasse verklagt. Der Klageschrift lagen zahlreiche Anlagen bei, nämlich Korrespondenz mit dem ..., Ablichtungen von finanzgerichtlichen Entscheidungen und Kopien von Stellenangeboten. Die Klageschrift samt den Anlagen hatte die Efin nur in einfacher Ausfertigung eingereicht. Die Einspruchsentscheidung des ... vom 17.06.1999 enthält in der Rechtsbehelfsbelehrung allerdings den § 64 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechenden Hinweis, daß die Klageschrift in zweifacher Ausfertigung eingereicht werden solle.
Die Geschäftsstelle des Senats fertigte von der Klageschrift und den beigefügten Anlagen im Wege der Fotokopie Abschriften, und stellte diese Mehrfertigungen dem ... gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 FGO zu.
Das ... half der Klage in vollem Umfang ab. Mit Beschluß vom 22.12.1999 wurden dem ... die Kosten des Verfahrens in vollem Umfang auferlegt.
Am 11.04.2000 erhob der Kostenbeamte von der Efin gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) Schreibauslagen (Nr. 9000 Abs. 2b des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 § 11 Abs. 1 GKG) in Höhe von 35 DM. Die Efin führte in der Erinnerung gegen die Kostenrechnung im wesentlichen aus, da es nicht notwendig gewesen wäre, der Klageschrift die finanzgerichtlichen Entscheidungen und die Korrespondenz mit dem ... beizufügen, wäre es auch nicht erforderlich gewesen, diese für Zwecke der Zustellung an das ... zu fotokopieren. Für den vollständigen Vortrag der Efin wird auf die Erinnerungsschrift Bezug genommen.
Die Staatskasse ist der Erinnerung mit Schriftsatz vom 9.05.2000 entgegengetreten.
II.
Die Erinnerung ist nicht begründet.
Gemäß 64 Abs. 2, erster Halbsatz FGO sollen der Klage Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Dies gilt nicht nur für die eigentliche Klageschrift, sondern genauso für die der Klageschrift beigefügten Anlagen (§§ 64 Abs. 2, zweiter Halbsatz, 77 Abs. 2 Satz 1 FGO. §§ 133 Abs. 1 Satz 1, 253 Abs. 4 ZPO i.V.m. § 155 FGO). Unterläßt es daher der Kläger, der Klage die erforderlichen Abschriften beizufügen, so hat sie die Geschäftsstelle des Gerichts gegen Erstattung der Schreibgebühren anfertigen zu lassen (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 GKG, Nr. 9000 Abs. 2b des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG).
Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 FGO genügt allerdings die Vorlage nur des Originals bzw. nur einer Abschrift der Anlagen, wenn die Anlagen dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich sind. Der Beteiligte muß dann allerdings die Anlagen genau bezeichnen mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren. Durch diesen Hinweis wird es der Geschäftsstelle des Gerichts ermöglicht, von der Erstellung von Abschriften abzusehen; der Gegner wird darauf hingewiesen, daß sein Kenntnisstand möglicherweise hinter dem Inhalt der Gerichtsakten zurückbleibt. Das Fachschrifttum zu § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO vertritt daher ebenfalls die Auffassung, daß es eines Hinweises bedarf, wenn mit Rücksicht auf das Vorliegen der in der genannten Vorschrift genannten Besonderheiten eine Anlage nur im Original bzw. nur in einer Abschrift eingereicht wird. Ein derartiger Hinweis kann sich aus dem gesamten Inhalt des Beteiligtenschriftsatzes stillschweigend ergeben (Baumbach/Hartmann, ZPO, 57. Auflage, § 131 Rdnr. 18). Anderenfalls fertigt die Geschäftsstelle des Gerichts auf Kosten des Beteiligten Abschriften an (vgl. z. B. Stein/Jonas, ZPO, 21. Auflage, § 133 Rdnr. 4 und 5; Peters im Münchener Kommentar zur ZPO, § 133 Rdnr. 2 und 3).
Im Streitfall hat die Efin einen derartigen Hinweis nicht angebracht; sie hat vielmehr schlicht die gesamte Klageschrift samt Anlagen in nur einer Ausfertigung bei Gericht eingereicht. Die Anlagen waren auch keineswegs derartig umfangreich, daß es sich der Geschäftsstelle des Gerichts hätte sozusagen „von Amts wegen” aufdrängen müssen, von einer Anfertigung von Abschriften der Anlagen für das ... abzusehen. Der Kostenbeamte hat daher zu Recht die Schreibauslagen (Nr. 9000 des Kostenverzeichnisses) erhoben.
Die Erinnerung war daher zurückzuweisen.
Wegen der Kosten des Erinnerungsverfahrens wird auf § 5 Abs. 6 GKG hingewiesen.
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