Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei der Feststellung des Grundbesitzwerts für die Erbschaftsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Der Streitwert bei Streitigkeiten über die Höhe des für die Erbschaftsteuer festzustellenden Grundbesitzwerts wird auf 10 v.H. des Unterschieds zwischen dem festgestellten und dem begehrten Grundbesitzwert geschätzt.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1 S. 1, § 25; BewG § 138; ErbStG § 19 Abs. 1
Gründe
I.
Die verstorbene Rechtsvorgängerin der Klägerin, Frau … erbte am 15. April 1996 das bebaute Grundstück … in … von einem … … Aus den Akten des Beklagten ergibt sich weder, in welcher verwandtschaftlichen Beziehung … zu dem damaligen Erblasser stand noch, ob sie das Anwesen alleine oder zusammen mit weiteren Vermögensgegenständen erbte.
Der Beklagte stellte für das Grundstück entsprechend der seit 1. Januar 1996 geltenden Neuregelung gemäß §§ 138 ff. Bewertungsgesetz (BewG) den Grundbesitzwert für die Erbschaftsteuer (ErbSt) auf diesen Tag zunächst mit 582.000 DM fest. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage begehrte die inzwischen zur Eigentümerin des Anwesens gewordene Klägerin, den entsprechenden Bescheid aufzuheben. Während des Klageverfahrens einigten sich die Parteien dahin gehend, den Wert auf 440.000 DM herabzusetzen. Daraufhin wurden nach übereinstimmender Erledigungserklärung die Kosten des Verfahrens zu ¾ der Klägerin auferlegt und zu ¼ dem Beklagten.
II.
Die Ermittlung und Festsetzung des Streitwerts folgen aus § 13 Abs. 1 und § 25 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG legt hierzu fest, den Streitwert nach der sich aus dem Klageantrag für einen Kläger ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen.
Die Bedeutung der Sache liegt bei einem Streit um die Höhe des Grundbesitzwerts für die ErbSt in der betragsmäßigen Auswirkung, welche die begehrte Herabsetzung des Werts im Falle eines Erfolgs der Klage auf die Höhe der ErbSt hätte. Theoretisch könnte diese Auswirkung genau berechnet werden. Hierzu müsste das Gericht allerdings in jedem einzelnen Streitfall nicht nur ermitteln, welche erbschaftsteuerlichen Steuerbefreiungen und Freibeträge zu berücksichtigen wären und unter welche Steuerklasse der betreffende Erbe fallen würde. Wegen der progressiven Steuersätze bei der ErbSt müsste das Gericht auch feststellen, welchen Umfang der gesamte steuerpflichtige Erwerb des betreffenden Erben hätte. Damit wären Sachverhalte zu klären und Rechtsfragen zu entscheiden, die mit dem der Streitwertfestsetzung zugrunde liegenden Rechtsstreit überhaupt nichts zu tun hätten.
Ein solches Vorgehen verbietet § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Denn danach sind die Grundlagen der Streitwertermittlung auf den bisherigen Sach- und Streitstand beschränkt. Dieser bietet im Streitfall als wesentlichen Anhaltspunkt nur eine bestimmte Höhe der begehrten Herabsetzung des Grundbesitzwerts. Würde man diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigen und nur den Auffangsstreitwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in Höhe von 8.000 DM ansetzen, dann würde das Interesse, welches mit einer Klage verfolgt wird und das im Einzelfall sehr verschieden hoch sein kann, nicht angemessen berücksichtigt. Für dieses Interesse stellt die Höhe der begehrten Ermäßigung des Werts einen deutlichen Hinweis dar. Das Gericht hält es daher für gerechtfertigt, das ihm durch § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG eingeräumte Ermessen dahingehend auszuüben, dass auf der Grundlage der im Einzelfall begehrten Ermäßigung des Grundbesitzwerts im Wege der Schätzung ein aus diesem Begehren zu errechnender pauschaler prozentualer Streitwert ermittelt wird, wie dies der Bundesfinanzhof (BFH) bereits bisher bei der Einheitsbewertung des Grundbesitzes und des Betriebsvermögens für angemessen erachtet (vgl. BFH – Beschlüsse vom 14. März 1975 III B 4/74, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1975, 548, vom 19. August 1992 II E 2/92, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 1993, 322 und vom 21. Oktober 1996 II E 1/96, BFH/NV 1997, 375). Für einen solchen pauschalen Ansatz spricht auch der Gesichtspunkt der Überschaubarkeit des Kostenrisikos für die Beteiligten. Denn auf diese Weise kann der Streitwert im Einzelfall leicht berechnet werden.
Unter Berücksichtigung der verschiedenen Steuerbefreiungen, Freibeträge, Steuerklassen und Steuersätze reicht die mögliche Auswirkung auf die Höhe der ErbSt von 0 % bis zu 50 % des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs (vgl. § 19 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz – ErbStG –). Davon ausgehend, dass in den meisten Erbfällen die Erwerber unter die Steuerklasse I fallen und steuerpflichtige Erwerbe einen Wert bis zu 500.000 DM haben dürften, hält das Gericht in Anlehnung an den dafür nach § 19 Abs. 1 ErbStG geltenden Steuersatz von 11 % einen solchen von abgerundet 10 % für angemessen. Genaue Erhebungen über die tatsächliche durchschnittliche Belastung bei Erbfällen der letzten Jahre verbieten sich im Rahmen der vorliegend vorzunehmenden Schätzung. Damit ergibt sich im Streitfall bei einer begehrten Herabsetzu...