rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungen im Rahmen eines Förderprogramms einer Einkaufsgenossenschaft zur Schaffung zusätzlicher Verkaufsflächen bei ihren Mitgliedern als nicht umsatzsteuerbare echte Zuschüsse oder als Bestandteil eines umsatzsteuerbaren und -pflichtigen Leistungsaustauschs
Leitsatz (redaktionell)
1. Gewährt eine Einkaufsgenossenschaft, die ihren Mitgliedern die gemeinsame Beschaffung größerer Warenmengen ermöglicht, um günstige Einkaufspreise zu erhalten, und weitere Aufgaben für ihre Mitglieder wie z. B. die Zentralregulierung gegenüber Herstellern übernimmt, ihren Mitgliedern Zuschüsse zur Schaffung zusätzlicher Verkaufsflächen, die u. a. ausschließlich für die Ausstellung von der Einkaufsgenossenschaft bezogener Waren oder solcher Waren genutzt werden dürfen, an deren Verkauf die Einkaufsgenossenschaft als Zentralreguliererin wirtschaftlich beteiligt ist, und erfolgt die Zuschussgewährung deswegen, weil die Genossenschaft sich bei Schaffung von zusätzlichen Verkaufsflächen ihrer Mitgliedes eine Steigerung ihres bei dem Mitglied erzielten Umsatzes als Großhändlerin und/oder als Zentralreguliererin erhofft, so liegen insoweit keine nicht umsatzsteuerbaren echten Zuschüsse vor.
2. Bei den „Zuschüssen” der Genossenschaft handelt es sich um Entgelt für umsatzsteuerbare und -pflichtige Leistungen des jeweiligen Mitglieds, weil ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Zahlungen und der Nutzung der Verkaufsfläche durch das Mitglied besteht und die Genossenschaft als identifizierbare Leistungsempfängerin einen konkreten Vorteil erhält, der zu einem Verbrauch i. S. d. gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, § 10 Ab S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid über Umsatzsteuer für 2016 vom 8. November 2017 wird insoweit abgeändert, dass Vorsteuern in Höhe von… EUR angesetzt werden.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin (Klin) ist eine eingetragene Genossenschaft (e.G.). Sie erzielt steuerbare und zum Regelsteuersatz steuerpflichtige Umsätze i.S.d. Umsatzsteuergesetzes (UStG). Die Klin hat bundesweit… Mitglieder. Zweck ihres Unternehmens ist die…. Gegenstand des Unternehmens sind alle Maßnahmen, die geeignet sind, dem Förderauftrag im Sinne des vorstehenden Satzes zu dienen, insbesondere im Bereich der Dienstleistungen die Marktbeobachtung und Sortimentsgestaltung und die Beratung in wirtschaftlichen und werblichen Fragen und im Bereich der Warengeschäfte die Vertretung der Mitglieder gegenüber Lieferfirmen, die Vermittlung des Wareneinkaufs, der Großhandel, die Durchführung der Zentralregulierung und die Übernahme des Delkredere. Von der Mitgliedschaft bei der Klin ist ausgeschlossen, wer im Wettbewerb zu ihr steht oder wer einer Kooperation angehört, die im Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Wettbewerb zu ihr steht (vgl. Satzung der Klin Bl. … ff. d.A.). Zwischen der Klin, dem jeweiligen Mitglied sowie den Warenherstellern (Hersteller) von … bestehen die im Schaubild dargestellten und nachfolgend näher erläuterten Vertragsbeziehungen.
1. Beziehung Klin – Mitglied
Das Mitglied erklärt seinen Beitritt zur Klin durch Abgabe der Beitrittserklärung/Beteiligungserklärung. Ferner schließen das Mitglied und die Klin eine „Vereinbarung über die Zusammenarbeit”, die Regelungen sowohl für den Einkauf im Großhandelsgeschäft als auch im Zentralregulierungsgeschäft enthält (vgl. Punkt 2. der Vereinbarung über die Zusammenarbeit mit der Klin, Bl. 143 d.A.). Insbesondere ist darin die verpflichtende Teilnahme an der Zentralregulierung geregelt (vgl. Punkt… der Vereinbarung über die Zusammenarbeit mit der Klin, Bl. 144 d.A.) Neben diesen beiden Vereinbarungen, kann es eine Vielzahl einzelner und rechtlich in sich abgeschlossener Vertragsbeziehungen zwischen dem jeweiligen Mitglied und der Klin geben.
Die Klin tritt gegenüber dem Mitglied sowohl als Großhändlerin als auch als Zentralreguliererin bei Warengeschäften zwischen dem Hersteller und dem Mitglied auf. Eine Verpflichtung des Mitglieds, nur Ware über die Klin (sei es im Großhandel oder Zentralregulierungsgeschäft) zu beziehen, besteht nicht. Im Durchschnitt beziehen die Mitglieder ca. 84% ihrer Waren über die Klin (im Großhandels- oder Zentralregulierungsgeschäft).
2. Beziehung Klin – Hersteller
Für den Geschäftsbereich der Einkaufs- und Zentralregulierung hat die Klin mit….. Warenherstellern Verträge über Verkaufsförderung, Vermittlung und Zentralregulierung abgeschlossen (Zentralregulierungsvertrag (ZR-Vertrag), vgl. exemplarisch Bl. 16...