Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbindlichkeit als Dauerschuld; Abgrenzung zwischen einem allgemeinen Geschäftskredit und einem Warenkredit
Leitsatz (redaktionell)
Ein Kredit ist keine Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs -hier: obwohl das Umlaufvermögen über 90 v.H. der Bilanzsumme des Unternehmens ausmacht-, sondern eine Dauerschuld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG, wenn kein enger wirtschaftlicher -unmittelbarer-- Zusammenhang zwischen der Kreditgewährung und den einzelnen Warengeschäften und deren Abwicklung vorliegt, weil der Kredit über Jahre hinweg unverändert, völlig losgelöst von den einzelnen Warengeschäften, was Zahlungsfristen und Tilgung anbelangt, besteht.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist die gewerbesteuerliche Zurechnung von Dauerschuldzinsen und Dauerschulden in den Veranlagungszeiträumen 1991 bis 1993.
Die Klägerin (Kl) betreibt in der Rechtsform der GmbH ... und Großhandel. Die Kl ist unter ständiger Inanspruchnahme von Fremdkapital tätig; die Bilanzen in den Streitjahren weisen als Aktiva im wesentlichen Vorräte in Höhe von etwa ... ... DM, Kundenforderungen in Höhe von ... DM und Geldbestände in Höhe von ... DM aus. Dem stehen ein Kontokorrentkredit mit Salden zwischen ... DM ... DM, eine sogenannte Auftragsfinanzierung in Höhe von ... DM sowie ein Festsatzkredit in Höhe von ... DM auf der Passivseite gegenüber. Gläubigerin der gesamten Bankschulden ist die .... Sie hat als Sicherheit Eigentümergrundschulden in Höhe von insgesamt ... DM, die auf dem Betriebsgrundstück der Gesellschafter lasten. Die Klin gab in den Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre 1991 und 1993 aus dem Kontokorrentkredit, aus dem Festsatzkredit sowie aus zwei daneben aufgenommenen Krediten Dauerschuldzinsen in Höhe von ... DM (1991), ... DM (1992) und ... DM (1993) an; Dauerschulden erklärte sie zum 1.01.1993 mit ... DM. Die Gewerbesteuermeßbescheide ergingen erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, wurden allerdings im Anschluß an eine 1995 durchgeführte Betriebsprüfung (Bp) mit Bescheiden vom 21.11.1995 geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. In den geänderten Bescheiden berücksichtigte der Bekl den als Auftragsfinanzierung bezeichneten Kredit bei der Hinzurechnung von Dauerschulden und Dauerschuldzinsen.
Nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen Feststellungen gewährt die Kreditgeberin, die ..., den Kredit ohne schriftliche Vereinbarung aufgrund der langjährigen Geschäftsverbindung. Der Kredit wird als „Akzeptvorschuß” bezeichnet und läuft jeweils 3 Monate mit einem im Vergleich zum Kontokorrentkredit günstigeren Zinssatz. Mit Ablauf der 3 Monate verlängert sich das Darlehen um jeweils weitere drei Monate auf Grundlage des jeweils gültigen Diskontsatzes. Die Ausstellung eines Wechsels blieb vorbehalten. In einem Schreiben der ... vom 30.04.1993 heißt es dazu:” Auf die Ausstellung eines Wechsels können wir bis auf weiteres verzichten, müssen uns jedoch vorbehalten, Ihnen einen Abschnitt in gleicher Höhe und mit gleicher Laufzeit zum Akzept vorzulegen.” Die Auftragsfinanzierung ist nicht an bestimmte Geschäfte gebunden. Sie dient der Verstärkung des Kontokorrentkreditrahmens zur generellen Finanzierung von Wareneinkäufen und Betriebsausgaben. Mit den gegen die Änderungsbescheide am 24.11.1995 erhobenen Einsprüchen wandte die Kl ein, daß der Kredit der Finanzierung von Umlaufvermögen diene, nur eine vorübergehende Verbindlichkeit aus dem laufenden Geschäftsverkehr sei, die aus den laufenden Geschäftseinnahmen jeweils abgedeckt zu werden pflege und ihr insgesamt keine finanziellen Mittel aus Schulden zur Verfügung stünden. Die bestehenden Schulden stünden nicht mit der Gründung oder dem Erwerb eines Betriebs oder mit einer Erweiterung und Verbesserung des Betriebs in Zusammenhang, die Mittel dienten auch nicht einer nur vorübergehenden Stärkung des Betriebskapitals. Entscheidungserheblich sei, daß durch das in Anspruch genommene Fremdkapital ausschließlich Umlaufvermögen finanziert werde.
Der Bekl wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 2.08.1996 als unbegründet zurück. Nach § 8 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) seien dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Zinsen für Schulden hinzuzurechnen, die – bezogen auf den Streitfall – der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienten. Dementsprechend sei nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG zur Berechnung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs die bei seiner Ermittlung abgezogenen Verbindlichkeiten wieder hinzuzurechnen, die den Schuldzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG entsprächen. Den sogenannten Dauerschulden stünden die laufenden Verbindlichkeiten gegenüber, die im gewöhnlichen Geschäftsgang des Unternehmens entstünden, soweit sie in der nach Art des Geschäftsvorfalls üblichen Frist getilgt würden. Dauerschulden unterschieden sich von den laufenden Verbindlichkeiten in erster Linie nach dem „Charakter der Schuld”. Eine laufende Verbindlich...