Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf den Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 2 AStG. Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht bei Hinzurechnung von Einkünften einer schweizerischen AG
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG ist auf den Hinzurechnungsbetrag i. S. des § 10 Abs. 2 AStG nicht anwendbar, da es sich bei diesem nicht um Einnahmen, sondern um einen sog. „Einkünfteerhöhungsbetrag” handelt.
2. § 10 Abs. 2 S. 3 AStG enthält lediglich eine gesetzliche Klarstellung der ohnehin geltenden Rechtslage, sodass es auf dessen erstmalige Anwendung nicht ankommt.
3. Der Ansatz eines Hinzurechnungsbetrags nach dem AStG aus Einkünften einer schweizerischen AG verstößt nicht gegen das Gemeinschaftsrecht.
Normenkette
AStG § 10 Abs. 2, §§ 12, 18, 21 Abs. 7 S. 4; AO § 164 Abs. 1-2, § 172 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 3 Nr. 40 Buchst. d, § 18
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein zum 1. Januar 2001 zu berücksichtigender, gesondert festgestellter Hinzurechnungsbetrag gemäß § 10 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG) im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 (Streitjahr) in voller Höhe oder nur zur Hälfte als steuerpflichtig zu berücksichtigen ist.
Der Kläger ist verheiratet und wird mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Er ist Programmierer und betreibt ein Einzelunternehmen. Hieraus erzielte er im Jahr 2001 (Streitjahr) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Im Rahmen dieser Tätigkeit war es dem Kläger gelungen, namhafte Kunden in der Schweiz zu gewinnen. Nachdem dem Kläger seitens seiner schweizerischen Kunden in den Jahren 1998/1999 signalisiert worden war, dass aufgrund geänderter Auswahlkriterien eine Auftragsvergabe an eine deutsche Einzelfirma zukünftig voraussichtlich nicht mehr in Betracht komme, gründete der Kläger zusammen mit zwei weiteren Gesellschaftern am 6. Juli 1999 die schweizerische N AG (N-AG), X (Schweiz). Die Beteiligung des Klägers betrug 98 v.H. Gemäß Arbeitsvertrag vom 20. März 2000 war der Kläger im Streitjahr zum Geschäftsführer der N-AG bestellt; ihm wurde nach Tz. 3 des Organisationsreglements der N-AG die Geschäftsführung übertragen. Er bezog für die Geschäftsführertätigkeit von der N-AG im Streitjahr Arbeitslohn. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Darstellung des Klägers (Blatt 136 ff. der Prüfer-Handakte I) Bezug genommen.
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) veranlagte den Kläger und seine Ehefrau im Streitjahr zunächst erklärungsgemäß zur Einkommensteuer. Das FA berücksichtigte u.a. die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und aus nichtselbständiger Arbeit; die Festsetzung erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO 1977–). Diesen Bescheid änderte es im Februar 2005 aus hier nicht streitigen Gründen nach § 164 Abs. 2 AO 1977 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Im April 2005 erhielt das FA nach Durchführung einer Außenprüfung (Prüfungsberichte vom 17. November 2004 und 14. Januar 2005, Tz. 27) eine Mitteilung gemäß § 18 AStG, wonach beim Kläger zum Hinzurechnungszeitpunkt 1. Januar 2001 Einkünfte der schweizerischen N-AG aus dem Wirtschaftsjahr 2000 in Höhe von 95.580 DM hinzuzurechnen seien. Außerdem wurde mitgeteilt, dass die nach § 12 AStG auf Antrag anrechenbare Steuer 33.955 DM betrage. Das FA änderte daraufhin am 8. Juni 2005 den Einkommensteuerbescheid des Klägers gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 und erhöhte die Einkünfte nach § 18 EStG auf 272.133 DM, da die Beteiligung –unstreitig– im Betriebsvermögen des Klägers gehalten wird. Die nach § 12 AStG anrechenbare Steuer rechnete es antragsgemäß an. Dem weiteren Antrag des Klägers, den Hinzurechnungsbetrag nach § 3 Nr. 40 Buchst. d des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Hälfte steuerfrei zu belassen, entsprach das FA unter Berufung auf Tz. 21 Abs. 3 des BMF Schreibens vom 14. Mai 2004 (BStBl I 2004, Sondernummer 1) weisungsgemäß nicht.
Mit seinem Einspruch machte der Kläger u.a. geltend, dass der Hinzurechnungsbetrag, der aus dem Wirtschaftsjahr 2000 der N-AG stamme und im Jahr 2001 hinzugerechnet werde, nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG dem Halbeinkünfteverfahren unterliege, weil der Hinzurechnungsbetrag i.S.d. § 10 Abs. 2 AStG zu den Ausschüttungen gehöre, auf die der 4. Teil des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes (KStG) anzuwenden sei. Folglich sei das Halbeinkünfteverfahren nach § 52 Abs. 36 Satz 2 EStG auf den im Jahr 2001 anzusetzenden Hinzurechnungsbetrag anzuwenden. § 10 Abs. 2 Satz 3 AStG stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Diese Vorschrift sei nämlich nach § 21 Abs. 7 Satz 4 AStG erstmals für den Veranlagungszeitraum anzuwenden, für den die Zwischeneinkünfte hinzuzurechnen sind, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31. Dezembe...